New York. Die Regierungen von Russland und China haben erneut eine UN-Resolution gegen den syrischen gewaltherrscher Assad verhindert. Ihre Argumente dabei sind himmelschreiend verlogen und beschädigen die Vereinten Nationen. Eine Haltung, die Russland wie China teuer bezahlen werden.
Susan Rice, amerikanische Botschafterin
bei den Vereinten Nationen und enge Vertraute von Präsident Barack Obama, hat
Recht. Die Weigerung Russlands und China, im UN-Sicherheitsrat dem das
Menschenrecht absichtsvoll misshandelnden Regime in Syrien wenigstens die gelbe
Karte zu zeigen, ist „widerwärtig“. Zumal in einer Zeit, in der sich wiederholt
zu haben scheint, worauf sich schon der gnadenlose Vater des noch regierenden
Staats- und Regierungschefs Assad verstand: ein Massaker am eigenen Volk.
Wirklich überrascht aber hat das kategorische Nein der beiden Super-Mächte in
Washington niemanden. Der Befund geht so: Moskau hat losgelöst von der
Präsidentenwahl mit einem Soft-Despoten Putin ante portas kein Interesse, den
einzigen veritablen Verbündeten in der Nahost-Region zu schwächen. Dafür kauft
Damaskus einfach zu gern russische Waffensysteme ein. Sowie Öl und Gas.
Die Argumente Moskaus
und Pekings sind himmelschreiend verlogen
Und
Russland, nicht zu vergessen, unterhält einen wichtigen Flottenstützpunkt in
Syrien. China verfolgt keine handfesten direkten Ziele in Syrien, nutzt aber,
wissend um die eigene Finanzstärke und den aus Teheran programmierten Beifall
für das Nein im Sicherheitsrat, jede Möglichkeit, sich vom Amerika-geführten
Westen zu distanzieren; auch ungeachtet des Sachverhalts.
Die Argumente Moskaus
und Pekings gegen den mit überwältigenden 13:2-Stimmen verabschiedeten und
bereits arg abgeschwächten Resolutionsentwurf gegen die syrische
Menschenschlächterei sind himmelschreiend verlogen. Beschämend, denn es war vor
allem die Arabische Liga, die Assad über den Umweg UN die Stirn bot. Anders als
im Fall Libyen, wird vorläufig kein einziges Land ernsthaft eine Militäraktion
gegen Syrien in Betracht ziehen. Es ging darum, dem Diktator mit den kleinsten
diplomatischen Schraubzwingen Einhalt zu gebieten und das Sterben zu beenden.
Die Vereinten Nationen sind beschädigt
Dass beide Großmächte bei ihrem Kalkül den Tod von weiteren Tausenden Zivilisten
billigend in Kauf nehmen, ist Ausdruck einer zynischen globalstrategischen
Kostennutzen-Rechnung. Darin spiegelt sich das angekränkelte Selbstbewusstsein
einer früheren Großmacht und das einer noch immer seine Rolle suchenden
Supermacht wieder, die im wetterwendischen „Arabischen Frühling“ ihre Felle
schwimmen sehen.
Es geht ihnen um sinkenden Einfluss und gefährdete Absatzmärkte
in einer Region im Umbruch. Und um die Verhinderung eines Siegeszuges des
Westens, der bei allem Lobpreisen der universellen Freiheitsrechte diesen
Empfindlichkeiten nie wirklich Rechnung getragen hat. Einerlei, das Ergebnis
macht trotzdem stumm. Die Vereinten Nationen sind beschädigt.
Eine Haltung, die
Russland wie China teuer bezahlen werden
Assad darf sich
ermutigt fühlen, seinen Kreuzzug gegen das eigene Volk nach Belieben noch
brutaler fortzusetzen. Russland und China sind seine Schutzpatrone. Sie ahnen
wohl, dass es daheim, wo gewaltige innenpolitische Zerreißproben drohen,
als Ermutigung oppositioneller Kreise verstanden werden könnte, wenn im
aufziehenden syrischen Bürgerkrieg die Bürger vor der marodierenden Regierung
geschützt. würden. Auch darum das Nein im Sicherheitsrat.
Eine Haltung, die
Russland wie China teuer bezahlen werden. Dann, wenn Assad den Weg gegangen ist,
den früher oder später alle Tyrannen seiner Kragenweite gehen.