Berlin/Hamburg. Einem Bericht zufolge wusste das Bundespräsidialamt schon im Sommer 2010 von den Vorwürfen gegen Wulffs Ex-Sprecher Glaeseker. Die Behörde dementiert. Wulff hingegen rückt weiter von seinem Ex-Sprecher ab und fordert eine Stellungnahme. Wer wann was wusste? Die Affäre wird immer diffuser.

Das Bundespräsidialamt hat nach einem Bericht des Hamburger Magazins "Stern" bereits im Sommer 2010 von den Vorwürfen gegen seinen ehemaligen Sprecher Olaf Glaeseker erfahren. Ein Redakteur der "Süddeutschen Zeitung" habe angefragt, ob es zutreffe, dass der Eventmanager Manfred Schmidt Glaeseker wiederholt kostenlose Urlaubsaufenthalte ermöglicht habe. Nach "Stern"-Informationen bestätigte der Sprecher von Bundespräsident Christian Wulff damals gegenüber der "Süddeutschen" solche Besuche, stellte sie aber als rein privat dar.

Am 29. August 2010 verfasste Glaeseker dem Bericht zufolge dazu auch eine "Sachverhaltsdarstellung" für den Leiter des Präsidialamtes, Lothar Hagebölling. Auch hier bestätigte Glaeseker die Urlaubseinladungen und stellte seine Beziehung zu Manfred Schmidt ebenfalls als rein privat dar.

Präsidialamt widerspricht dem "Stern"-Bericht

Das Präsidialamt widersprach dem Bericht, wonach Glaeseker Amtsleiter Lothar Hagebölling eine sogenannte "Sachverhaltsdarstellung" zu den angeblichen Urlaubseinladungen zugeleitet haben soll. Eine solche Darstellung liege dem Amt nicht vor, hieß es. Der "Stern" berichtete hingegen, in dem Schriftstück habe Glaeseker die Urlaubseinladungen bestätigt, sie aber erneut als rein privat beschrieben.

Nach Recherchen des "Stern" wusste Hagebölling damals jedoch, dass Glaeseker auch dienstlich intensiv mit der von Schmidt organisierten Glamour-Treffen des "Nord-Süd-Dialogs" befasst war. So hatte sich Glaeseker in einem Konflikt zwischen Schmidt und dem Flughafen Hannover, der Ende 2009 für das Event ein Terminal an Schmidt vermietete, an Hagebölling gewandt. Der war damals Leiter der niedersächsischen Staatskanzlei, Glaeseker amtierte als Sprecher des damaligen Ministerpräsidenten Wulff.

Die Flughafengesellschaft hatte Schmidt damals den dem "Stern" vorliegenden Unterlagen zufolge mit angeblich überhöhten Geldforderungen verärgert. In einem Schreiben von Glaeseker an Hagebölling vom 24. November 2009 setzte sich Wulffs Sprecher darauf für Schmidt ein. Die "finanziellen Forderungen" des Airport-Betreibers könne und werde der Eventmanager "so nicht akzeptieren", schrieb Glaeseker. Er und Hagebölling begaben sich daraufhin gemeinsam zu einem "Vor-Ort-Erörterungstermin" bei der Flughafengesellschaft. Das bestätigte die Staatskanzlei in Hannover dem "Stern".

Gegen Glaeseker wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Dabei geht um die Frage, ob Wulffs einstige Regierungszentrale in Hannover die Veranstaltung und Finanzierung der umstrittenen Veranstaltungsreihe "Nord-Süd-Dialog" gefördert hat. Wulff erwartet indes weitere Aufklärung von Glaeseker. Wie die "Welt" berichtete, hat das Präsidialamt nach Angaben einer Sprecherin bereits nach Bekanntwerden der Vorwürfe Glaeseker um Aufklärung gebeten. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen ihn wegen Bestechlichkeit.

Eine Entscheidung, ob Glaeseker mit einer Kündigung oder anderen arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen muss, sei noch nicht gefallen. Das Bundespräsidialamt warte das Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover ab. Derzeit ruhe das Arbeitsverhältnis mit dem Bundespräsidialamt.

Viel Kritik aus der SPD

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach monierte, die Vorwürfe gegen Wulff selbst seien viel gravierender als die gegen Glaeseker. Wulff habe seinen ehemaligen Sprecher gewähren lassen, weshalb eigentlich gegen ihn ermittelt werden müsste, sagte Lauterbach in der ARD-Sendung "Menschen bei Maischberger". Äußerungen des früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten vor dem Landtag in Hannover seien "im Prinzip nichts anderes als eine Lüge" gewesen. "Der Punkt ist erreicht, an dem man ihm nur noch den Rücktritt empfehlen kann. Jetzt wird der Diener verfolgt, nicht aber der Herr", betonte der SPD-Abgeordnete.

Ob gegen Wulff womöglich doch noch Ermittlungen eingeleitet werden, entscheidet nun die Generalstaatsanwaltschaft in Celle. Diese prüft Beschwerden, die bei der Staatsanwaltschaft in Hannover eingegangen waren, weil sie im Fall Wulff keine Ermittlungen aufgenommen hatte. Der Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft, der Leitende Oberstaatsanwalt Jörg Fröhlich, bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Stuttgarter Nachrichten", betonte aber, es handle sich um einen ganz normalen juristischen Vorgang. Pro Jahr gebe es etwa 2.500 bis 3.000 derartige Verfahren. Wann die Behörde eine Entscheidung treffe, wisse er noch nicht.

Ein Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums erläuterte, wenn die Generalstaatsanwaltschaft zu einem anderen Ergebnis komme als die Kollegen in Hannover, müsste die Entscheidung gegen Ermittlungen dort noch einmal überprüft werden. Damit werde den Ermittlern in Hannover aber nicht die Entscheidungskompetenz genommen. Auch der Ministeriumssprecher sprach von einem "ganz normalen Vorgang".