Berlin. Insgesamt haben zwar weniger Soldaten als im vergangenen Jahr ihre Sorgen beim Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus eingereicht. Doch Königshaus bemängelt die hohe Pendlerquote der Soldaten: 70 Prozent fahren zwischen Wohn- und Arbeitsort hin und her. Die Soldaten beklagen außerdem Defizite bei der Bergung Verwundeter.
Die Reform der Bundeswehr sorgt für erhebliche Verunsicherung unter den Soldaten. Bei fast allen Dienstgraden sei die Stimmung schlecht, sagte der Wehrbeauftragte der Bundeswehr, Hellmut Königshaus, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung des seines jährlichen Berichts über den Zustand der Bundeswehr. Die Soldaten seien verunsichert, weil unklar sei, was die Umstrukturierung für die eigene Karriere bedeute. Demnach wissen viele Soldaten nicht, welche Beförderungschancen sie durch den Umbau der Bundeswehr bekommen werden. Bei der Bundesreform müsse darauf geachtet werden, dass die Armee attraktiv bleibe, sagte Königshaus.
Zudem beklagte er hohe Belastungen für die weiterhin sehr große Zahl von Pendlern. Eine Folge der häufigen Abwesenheit von zu Hause seien zum Teil hohe Trennungs- und Scheidungsraten, heißt es in dem am Dienstag in Berlin vorgelegten neuen Jahresbericht. Viele Soldaten beklagen demnach zudem Defizite aufgrund von Unterfinanzierung und Einsparungen in unterschiedlichen Bereichen.
Trotz der grundlegenden Reform der Bundeswehr wenden sich insgesamt immer weniger Soldaten mit ihren Sorgen an den Wehrbeauftragten. Im vergangenen Jahr registrierte Hellmut Königshaus exakt 4864 Eingaben. Damit wurde der niedrigste Stand seit der deutschen Einheit erreicht.
Nicht genug Hubschrauber für die Bergung von Verletzten
Die Quote der Soldaten, die zwischen Wohn- und Arbeitsort pendeln, liegt laut Königshaus bei 70 Prozent. Die Chance, im Rahmen der Bundeswehrreform "langfristig durch eine regionale Zusammenfassung von Verbänden und Schulen lange Anfahrswege und Abwesenheiten von der Familie zu reduzieren, wurde leider vertan", kritisierte er. Die Trennungs- und Scheidungsrate liegt dem Bericht zufolge inzwischen in einigen Bereichen bei 80 Prozent. Auch falle es vielen Soldaten generell schwer, überhaupt ein soziales Umfeld aufzubauen.
Bei der Ausrüstung der Soldaten begrüßte Königshaus Fortschritte in Teilbereichen. So hätten für den Einsatz in Afghanistan deutlich mehr geschützte Fahrzeuge zur Verfügung gestanden. Zugleich habe sich dort aber die Lage beim Lufttransport noch einmal verschlechtert, kritisierte der Wehrbeauftragte. Statt acht stünden nur noch sechs Hubschrauber des Typs CH-53 zur Verfügung; die Bergung von Verwundeten sowie Luftunterstützung könne nur noch mit Hilfe der Verbündeten sichergestellt werden. In der Ausbildung fehle es zudem an Handfeuerwaffen und Munition.
Innere Lage der Streitkräfte ist "stabil"
Als "nach wie vor unbefriedigend" beschrieb Königshaus die Personallage beim Sanitätsdienst. "Ohne Rückgriff auf private Ärzte und Einrichtungen könnten die freie Heilfürsorge und die Versorgung im Einsatz nicht gewährleistet werden" - auch wenn sich die Nachwuchsgewinnung etwas verbessert habe. Die innere Lage der Streitkräfte insgesamt ist laut Königshaus "stabil". Zwar gebe es in Verbindung mit der Bundeswehrreform eine "tiefgreifende Verunsicherung", zugleich sei aber "noch immer eine hohe Leistungsbereitschaft und Motivation" zu spüren. (afp, dapd)