Essen. . Mittelstands-Sprecher Mario Ohoven fordert ein Komplettverbot für das Rauchen am Arbeitsplatz. Es geht um Effizienz und Gerechtigkeit. Dass Unternehmen nach Gesetzen rufen, überrascht allerdings die Politik.

Marcus Portz findet drastische Worte dafür, welche Rolle die Raucher in der Arbeitswelt haben. „Sie sind zum Freiwild geworden“, sagt der Kölner Arbeitsrechtler. „Raucher haben praktisch keine Lobby mehr.“

Ginge es nach Mario Ohoven, gehörten Raucherpausen in den Unternehmen tatsächlich bald der Vergangenheit an. „Raucherpausen kosten die Betriebe bares Geld und stören den Arbeitsablauf“, meint der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft. Als Vorbild nennt er Schweden, wo in vielen Firmen das Prinzip „rauchfreie Arbeitszeit“ gelte. Auch Ursula Frerichs vom Unternehmerverband mittelständische Wirtschaft fordert: „Extra-Pausen für Raucher müssen abgeschafft werden.“ Es dürfe nicht sein, „dass Nichtraucher bestraft werden“. Da Raucher oft zusammen stünden und mehrere Zigaretten rauchten, könne im Zweifel der gesamte Betrieb lahmgelegt werden.

Die Ministerin ist verwundert

Bei NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) löst der Vorstoß Verwunderung aus. „Wirtschaftsverbände fordern die Politik mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf, sich aus dem Alltag der Betriebe herauszuhalten. Nun wird das exakte Gegenteil gefordert. Das ist nicht nachvollziehbar“, sagt die Ministerin im Gespräch mit dieser Zeitung. Es sei „völlig überflüssig, starre Regeln zu Raucherpausen am Arbeitsplatz einzuführen“. Es gebe auch jetzt keinen Rechtsanspruch auf eine vergütete Raucherpause. Außerdem liege es frei im Ermessen der Arbeitgeber, ob sie Raucherräume zur Verfügung stellen oder nicht.

Steffens argumentiert, es müsse einerseits um den Schutz von Nichtrauchern gehen. Andererseits sollten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern, die süchtig sind, Hilfe anbieten. „Daher halte ich Regelungen für Raucherpausen am Arbeitsplatz für durchaus sinnvoll.“ Wer ein Verbot von Raucherpausen mit der Begründung fordere, „dann würde die Arbeitszeit verquatscht“, schüre „eine Misstrauenskultur“ gegenüber den Beschäftigten.

In einigen Betrieben gilt: Wer raucht, muss sich auschecken

Der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven.
Der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven. © ddp

„Am liebsten würden die Arbeitgeber das Rauchen komplett aus dem Berufsleben verdrängen“, vermutet Arbeitsrechtler Portz. „Früher hieß es: ,Ich gehe mal eben zum Rauchen ins Nachbarzimmer.’ Heute müssen die Beschäftigten extra in einen Raucherraum. Das dauert dann schon einmal eine Viertelstunde statt fünf Minuten. Viele Arbeitgeber ärgert das.“ Für den Bochumer Unternehmer Frank Wollschläger ist jedenfalls klar: Raucherpausen zählen nicht zur Arbeitszeit. „Unsere Mitarbeiter müssen sich auschecken, wenn sie eine Zigarette rauchen wollen“, sagt der Chef von rund 1000 Beschäftigten. „Wir können es uns in unserer Branche nicht leisten, dass Beschäftigte zehn oder 15 Minuten nicht am Arbeitsplatz sind. Es geht auch um Fairness gegenüber den Nichtrauchern.“ Wollschläger handelt mit Werkzeugen für die Industrie. Wenn die Anfrage eines Kunden komme, müsse es oft sehr schnell gehen, sagt er.

Harald Schartau, Personalchef der Georgsmarienhütte plädiert für „pragmatische Lösungen“ in den Betrieben. „Man kann sicherlich alles regeln“, gibt der frühere NRW-Arbeitsminister zu bedenken. „Aber dann müsste man auch den Menschen durch eine Maschine ersetzen.“