Essen/Düsseldorf. . Auf weihnachtlich großzügige Herzen hofft Nordhrein-Westfalens SPD bei ihren Mitgliedern: In einem Bittbrief fordert die Partei einen Euro mehr Beitrag pro Monat. Und das nach dem Widerspruchsprinzip: Wer sich nicht ausdrücklich weigert, soll zahlen.
Ein vorweihnachtlicher Bittbrief der Parteiführung verärgert in diesen Tagen viele SPD-Mitglieder. Die NRW-SPD um einen Euro mehr Monatsbeitrag. „Fair und solidarisch“ sei das, finden die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft und Schatzmeister Norbert Römer. Andere sprechen von „Unverschämtheit“. Denn die Beitragserhöhung wird automatisch wirksam, wenn der Empfänger des Briefes ihr nicht bis Ende Dezember ausdrücklich widerspricht.
90 000 Schreiben hat die NRW-SPD seit Anfang Dezember verschickt. Die „Aktion zur Beitragssolidarität“ soll es ermöglichen, weiter hauptamtliche Mitarbeiter in Kreisverbänden und Unterbezirken zu beschäftigen. Auch die CDU versucht, ihre Einnahmen zu verbessern. So sollen Landtagsabgeordnete mehr Geld an die Parteikasse überweisen.
Wahlschlappe 2009 war teuer für die SPD
Die SPD will ihre Kassen füllen. Nicht zuletzt die Schlappe bei der Bundestagswahl 2009 riss ein Loch in die Parteikasse. Schatzmeisterin Barbara Hendricks spricht in der Parteizeitung „vorwärts“ von einem Verlust von „vier Millionen Euro staatlichen Mitteln“ im Jahresvergleich 2008/2009.
Die Partei braucht also Geld, offenbar auch die SPD in NRW. Ein Bittbrief macht es deutlich. 90 000 der 132 000 Genossen in NRW haben ihn bekommen. Es ist nicht nur die in der Weihnachtszeit übliche Bitte um Spenden, es ist eine Beitragserhöhung mit Widerspruchsfrist. Tenor: Wenn wir bis Ende Dezember nichts von dir hören, erhöht sich der Beitrag automatisch um einen Euro im Monat.
An der Basis stößt die „Aktion Beitragssolidarität“ auf ein geteiltes Echo. Einige schimpfen über „Drückermethoden“, andere finden die Aktion in Ordnung. „Ein Euro mehr bringt einen ja nicht um, außerdem kann man ja widersprechen“, sagt Elisabeth Majchrzak-Frenzel, Vorsitzende des Ortsvereins in Herne-Eickel. Aber, so Frenzel: „Es gibt auch Kritik. Manche Ortsvereinsvorsitzende fürchten, dass ihnen wegen der Aktion Mitglieder weglaufen.“ „Parteiarbeit ist teuer“, unterstreicht Rainer Sommer, Chef der SPD in Hattingen-Blankenstein. „Aber manche sagen, dass sie am Ende sind mit ihren finanziellen Möglichkeiten.“
„Vereinzelte“ Austritte bei der SPD
Die NRW-SPD beteuert, dass die Erhöhung sozial abgefedert sei. Neumitglieder und Rentner über 75 Jahren hätten gar keinen Brief bekommen. „Wir haben weit im Vorfeld gemeinsam mit unseren Ortsvereinsvorsitzenden und Kassierern über die Aktion gesprochen. Die Partei und unsere Funktionäre wurden bei mehreren Konferenzen intensiv in die Kampagne miteinbezogen“, erklärt Norbert Römer, der Schatzmeister der NRW-SPD. Parteisprecher Christian Obrok bestätigt gegenüber der WAZ „vereinzelte“ Austritte. 2600 Mitglieder hätten bisher die Erhöhung abgelehnt.
Im letzten Jahr geriet die frühere Landtagspräsidentin Regina van Dinther (CDU) unter anderem wegen angeblich nicht gezahlter Mitgliedsbeiträge in die Schlagzeilen. Auch die NRW-CDU steht unter erheblichem finanziellen Druck. Teure Parteitage, aufwändige Kongresse oder Feste zu schwarz-gelben Regierungszeiten, sinkende Mitgliederzahlen und obendrein ein unerwartet schwaches Landtagswahlergebnis 2010 haben die Lage verschärft.
7,7 Millionen Euro Schulden bei der CDU
Inklusive Gebäude-Hypotheken haben sich Schulden von 7,7 Millionen Euro angehäuft. Monatelang bastelte der neue Generalsekretär Oliver Wittke deshalb an einem Sparprogramm, das dem mit etwa 160 000 Mitgliedern größten CDU-Landesverband bis 2015 Haushaltsverbesserungen von jährlich rund 900 000 Euro einbringen soll. Nach kontroversen Debatten wurde in der vergangenen Woche vom Landesvorstand ein Finanzierungskonzept abgesegnet, das künftig niemanden schont.
Zunächst werden die Sachkosten der Partei drastisch heruntergeschraubt. Kostete der prestigeträchtige Landesparteitag 2009 in Essen noch 553 000 Euro, kam man 2011 in Siegen bereits bei gleicher Delegiertenzahl mit 124 000 Euro aus. Auch das traditionelle Sommerfest im Garten der vornehmen Parteizentrale in der Düsseldorfer Wasserstraße wurde gestrichen. Wittke ist stolz darauf, dass die NRW-CDU keine Mitarbeiter entlassen muss.
Rentner und Mitglieder ohne Einkommen zahlen 2,50 Euro im Monat
Die CDU-Mandatsträger müssen mehr abführen: Landtagsabgeordnete überweisen künftig 340 Euro ihrer Diäten monatlich (bislang 296 Euro) an die Parteikasse, Bundesminister 1000 Euro. Der Generalsekretär zahlt 440 Euro seines Monatsgehaltes ein.
Parteimitglieder in Deutschland wählen einen Beitrag, der sich an ihrem Nettoeinkommen bemessen soll. In der SPD zahlen Rentner und Mitglieder ohne Einkommen 2,50 Euro im Monat. Wer zum Beispiel 4000 Euro und mehr netto im Monat verdient, soll jeden Monat 250 Euro überweisen. Von Bundestags- und Europaabgeordneten erwartet die SPD „mindestens 250 Euro“.