Berlin. Der neue Chef des Bundesnachrichtendienstes Gerhard Schindler gilt als Befürworter weitreichender Kompetenzen in der Terrorismusbekämpfung. Bisher arbeitete der Jurist im Bundesinnenministerium - ohne sich jedoch der Öffentlichkeit zu zeigen. Auf den neuen Vorsitzenden kommen große Herausforderungen zu.

Er war der Mann im Hintergrund. Zunächst als Referent, später als Referatsleiter
und zuletzt als Abteilungsleiter diente Gerhard Schindler seit einem
Vierteljahrhundert im Bundesinnenministerium seinen Ministern, ohne selbst in
die Öffentlichkeit zu geraten. Mit dieser "Unsichtbarkeit" ist es nun definitiv
vorbei: Nach seiner feierlichen Amtseinführung an diesem Mittwoch wird Schindler
sich als neuer Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) verstärkt öffentlich zu Wort melden müssen. Mit dem
Umzug der "Schlapphüte" von Pullach nach Berlin erwartet den 59-Jährigen nur
eine von vielen Herausforderungen.

Nach Medienberichten vertritt Schindler in der Sicherheitspolitik
eine eher harte Linie. Der der FDP zugerechnete Experte befürwortet demnach
genau jene Gesetze, die Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) skeptisch sieht: die Vorratsdatenspeicherung,
die Anti-Terror-Gesetze mitsamt ihren weitgehenden Befugnissen für die
Geheimdienste und den Einsatz von Spähsoftware im Kampf gegen Verbrecher und
Terroristen.

Nach dem Abitur wurde er Fallschirmjäger

Schindler wurde am 4. Oktober 1952 in dem
Örtchen Kollig in Rheinland-Pfalz geboren. Nach dem Abitur ging er zur
Bundeswehr, wo er Fallschirmjäger wurde. Anschließend studierte er Jura. Nach
dem Abschluss seines Referendariats 1982 trat der verheiratete Vater einer
Tochter in den Staatsdienst ein: zuerst als Vollzugsbeamter beim
Bundesgrenzschutz, seit 1985 im Bundesinnenministerium.

In dem damals noch von dem CSU-Minister Friedrich Zimmermann
geführten Ministerium kletterte der Pfälzer rasch die Karriereleiter hoch. Von
seiner Referentenstelle in der Abteilung Zivile Verteidigung schaffte er es -
mit einer kurzen Zwischenstation im Bundesamt für Verfassungsschutz Ende der
80er Jahre - bald in Jobs mit Führungsverantwortung. Dabei durchwanderte
Schindler verschiedene Abteilungen, vom Haushaltsreferat über die
Zentralabteilung bis zur Stabsstelle "Moderner Staat - Moderne Verwaltung".

Schindler hat bereits Erfahrung in der Terrorismusbekämpfung

Ab 2003 konzentrierte Schindler sich ganz auf das weite Feld der
Sicherheitspolitik: zunächst als Leiter der nach den Anschlägen vom 11.
September 2001 wichtiger gewordenen Unterabteilung Terrorismusbekämpfung, seit
2008 als Leiter der Abteilung Öffentliche Sicherheit. Damit war er bis zuletzt
verantwortlich für die Bereiche Polizeiangelegenheiten, Terrorismusbekämpfung
und Verfassungsschutz - und somit auf Feldern tätig, die nun auch seinen neuen
Job als BND-Chef berühren.

Der Auslandsgeheimdienst hat einige turbulente Jahre hinter sich, die
mit viel Kritik am Agieren der Agenten verbunden waren. Der nun in den Ruhestand
wechselnde Vorgänger Schindlers, Ernst Uhrlau, hatte daraufhin einen Weg zu mehr
Transparenz beim BND eingeschlagen.

Der neue BND-Chef steht vor großen Herausforderungen

Als Schindlers Kür Ende Oktober bekannt wurde, erhielt die
Bundesregierung breite Zustimmung. Auch der dem BND überaus kritisch gegenüber stehende Grüne Hans
Christian Ströbele sagte jetzt im NDR, er habe Schindler in der Arbeit des
Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) - das für die Überwachung der
Geheimdienste zuständg ist - als Mann kennengelernt, der sich zwar sehr im
Hintergrund gehalten habe. Bemerkenswert sei aber, dass ihm Innenminister
verschiedener Parteien verantwortungsvolle Aufgaben übertragen haben. "Das
spricht eigentlich dafür, dass er von allen als Fachmann geschätzt wird."

Auch der PGK-Vorsitzende, der SPD-Politiker Thomas Oppermann, lobte
Schindlers Wahl. Oppermann sieht im Kampf gegen den Rechtsextremismus, den
Bedrohungen durch den extremistischen Islamismus und den Gefahren des
Cyberterrorismus die größten Herausforderungen für den neuen BND-Präsidenten. Und noch eine Aufgabe, die für die
Zukunft des Geheimdienstes wichtig ist, steht an: Schindler muss den Umzug in
die derzeit im Bau befindliche neue BND-Zentrale
in Berlin organisieren. In drei Jahren soll der Wechsel an die Spree vollzogen
werden - bis dahin dürfte der neue Chef kein Unbekannter mehr sein. (AFP)