Berlin. . Die Steuersenkungspläne der Union stehen im Kreuzfeuer der Kritik. SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigt an die „Steuersenkung auf Pump“ im Bundesrat zu stoppen. Die Länder sehen für die Bürgerentlastungen keinen Spielraum in ihrem Haushalt.

SPD, Länder, Kommunen und Wirtschaft lassen an den Steuersenkungsplänen der Koalition kaum ein gutes Haar. Die SPD nannte sie unverantwortlich, CDU- und SPD regierte Länder drohten mit Blockade im Bundesrat. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Christian Ude, sprach von einem Rettungsschirm für die FDP. Handwerkspräsident Otto Kentzler befand, eigentlich handle es sich gar nicht um eine Steuersenkung. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte weitere Schritte.

CSU steht offenbar hinter Steuerentlastungen

Trotz des Koalitionsstreits steht die CSU offensichtlich hinter den geplanten Steuerentlastungen. „Wir sind uns einig in der Frage der Steuersenkung“, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis am Freitag im Deutschlandfunk. Die Pläne seien innerhalb der CSU bereits im Januar beschlossen worden. Kleine und mittlere Einkommen sollten unbedingt entlastet werden. Allerdings hätten FDP und CDU die CSU bei der Vorstellung der Pläne einbinden müssen.

Man könne nicht einfach den Parteivorsitzenden der CSU durch Nachrichtenmeldungen über eine Steuersenkung informieren, sagte Geis. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatten am Donnerstag für mittlere und kleine Einkommen Entlastungen ab Januar 2013 angekündigt.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte dem „Hamburger Abendblatt“: „Wer angesichts enormer finanzieller Risiken durch Euro-Rettung und schwächelndes Wirtschaftswachstum jetzt Steuersenkungen von sechs bis sieben Milliarden Euro verspricht, handelt unverantwortlich.“ Schäuble wolle sich offenbar die Zustimmung des Koalitionspartners FDP für seine Euro-Rettungspakete kaufen.

SPD wettert gegen Steuersenkung auf Pump

Gabriel prophezeite, von der versprochenen Entlastung werde nichts übrig bleiben. „Die Bürgerinnen und Bürger werden diesen Kuhhandel zwischen Union und FDP durch höhere Kita-Beiträge, weniger Lehrer und Polizisten in den Ländern und Gemeinden bezahlen müssen“, sagte er.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion kündigte in der Zeitung „Die Welt“ an: „Die SPD wird diese Steuersenkung auf Pump im Bundesrat stoppen.“

Damit drohten auch die SPD-Finanzminister von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. NRW-Ressortchef Norbert Walter-Borjans sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“, Überschüsse gebe es nicht. Weder Bund noch Länder könnten sich Steuersenkungen leisten.

Sein baden-württembergischer Kollege Nils Schmid (SPD) sagte, bei Steuersenkungen auf Pump mache die SPD nicht mit. „Wir machen uns nicht zum Handlanger dieser Chaos-Koalition“, sagte er der Zeitung.

Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen gab sich zugeknöpft. Die Steuersenkung könne keinesfalls zulasten der Landeskasse finanziert werden, sagte er. „Dafür haben wir keinen Spielraum“, sagte er der „Welt“.

Kommunen wollen Kompensation

Münchens Oberbürgermeister Ude (SPD) sagte, die Menschen wüssten, dass die Verschuldung von Bund, Ländern und Kommunen nicht mit Steuerentlastungen abgebaut werden könnten. Eine Einkommenssteuerentlastung in Höhe von sechs Milliarden Euro würde die deutschen Kommunen mit 900 Millionen Euro zusätzlich belasten. Wenn der Bund gegen die kalte Progression vorgehen wolle, müsse er für Kompensation sorgen. „Aber wenn der Bund sagt, dass das nicht geht, dann gibt er zu, dass es keinen Spielraum gibt“, sagte Ude.

Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Otto Kentzler, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, wegen der sogenannten kalten Progression führe Lohn- oder Gehaltssteigerung bei unteren und mittleren Einkommen zu einem steil ansteigenden Steuersatz. Wenn diese Steuermehreinnahmen den Bürgern und Betrieben zurückgegeben würden, sei dies keine Steuersenkung, sondern ein Akt der Steuergerechtigkeit.

DIHK will Subventionen gegen bessere Abschreibungen tauschen

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Die kalte Progression einzudämmen, ist nur ein erstes Zeichen des guten Willens - damit ist das Steuersystem noch nicht wirklich gerettet“. Es gehe darum, die Akzeptanz für das Steuersystem durch einfachere Regeln zu erhöhen. „Die Unternehmen brauchen beispielsweise die degressive Abschreibung „, sagte Wansleben weiter. „Für solche Reformen der Unternehmensbesteuerung sind wir im Gegenzug bereit, auf Subventionen zu verzichten.“