Düsseldorf. .
Ermittlungsbehörden in ganz Deutschland planen offenbar in den nächsten Wochen eine Großrazzia gegen rund 3000 Steuerflüchtlinge, die Schwarzgeld in Luxemburg versteckt halten. Hintergrund ist eine CD mit Daten eines Ablegers der britischen Großbank HSBC, die NRW für mindestens drei Millionen Euro angekauft haben soll.
Man habe „in Abstimmung mit dem Bund eine Steuer-CD mit Bezug zu Luxemburg erworben“, bestätigte das NRW-Finanzministerium. Die Informationen seien den betroffenen Ländern zur weiteren Auswertung zur Verfügung gestellt worden.
Bochumer Staatsanwaltschaft hat wertvolle Hinweise bekommen
Seit dem Ankauf der CD vor mehreren Monaten sollen bereits die Bochumer Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität und Wuppertaler Steuerfahnder die Datensätze gesichtet und wertvolle Hinweise gefunden haben. Für Selbstanzeigen der betroffenen Steuersünder soll es bereits zu spät sein, weil die Ermittlungen schon weit fortgeschritten sind.
In der Vergangenheit hat sich der Ankauf von zumeist gestohlenen Bank-Datensätzen aus Steuerparadiesen für NRW als sehr lukrativ erwiesen. Bei einer Operation gegen die schweizer Großbank Credit Suisse und die Privatbank Julius Bär registrierten die Oberfinanzdirektionen Rheinland und Münster eine Flut von 6000 Selbstanzeigen und in der Folge Mehreinnahmen für den Fiskus von rund 300 Millionen Euro.
„Schwerreiche Kriminelle“
Norbert Walter-Borjans ist ein friedliebender Zeitgenosse, der allzeit rheinische Fröhlichkeit verströmt. Kommt jedoch die Sprache auf deutsche Steuerflüchtlinge in Schwarzgeld-Paradiesen wie Liechtenstein, Luxemburg oder der Schweiz, regt sich beim nordrhein-westfälischen Finanzminister schnell ein erbitterter Gerechtigkeitssinn. Über „schwerreiche Kriminelle“ kann er sich dann ereifern, die der Staatskasse und dem Rechtssystem schweren Schaden zufügten. Deshalb erfüllt es den 59-jährigen SPD-Mann mit Genugtuung, wie gerade die NRW-Finanzbehörden mit Hilfe illegal erworbener Datensätze immer wieder Steuersünder aufschrecken.
6000 Selbstanzeigen durfte Walter-Borjans bereits im Zusammenhang mit Ermittlungen in der Schweiz zählen. Auf rund 300 Millionen Euro beliefen sich allein hier die Mehreinnahmen für den Fiskus. Und im November nun soll der nächste Großangriff folgen – diesmal auf die Luxemburger Bankenwelt, wo laut Steuergewerkschaft 50 Milliarden Euro Schwarzgeld schlummern.
„Erstklassiges Material“
Die drei Millionen für den Kauf der Informationen könnten sich x-fach bezahlt machen, da Ermittler der Wuppertaler Steuerfahndung und der Bochumer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität nach monatelanger Durchsicht zur Einschätzung gelangten, es handle sich um „erstklassiges Material“. Im November ist angeblich eine bundesweite Razzia bei den betroffenen Steuerhinterziehern angesetzt.
In Düsseldorf sorgte die frühe Veröffentlichung des neuerlichen CD-Ankaufs für Verwunderung. Mit der Nennung der Luxemburger HSBC-Bank sind das Institut und der Kreis der Verdächtigen bereits Wochen vor der geplanten Aktion alarmiert worden. Eine Kommunikationspanne?
Täter sind gewarnt
Normalerweise werden im Vorfeld eines solchen Außeneinsatzes möglichst alle Hinweise aus ermittlungstaktischen Gründen unter Verschluss gehalten. Zumal es für eine Selbstanzeige reuiger Steuersünder längst zu spät sein dürfte. Die Staatsanwaltschaft Bochum prüft nach Informationen der WAZ Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat gegen einen „Maulwurf“ im Justizapparat. Er soll die Informationen an Medien durchgestochen haben.
Als NRW Anfang 2010 für rund 2,5 Millionen Euro einen Daten-Silberling der schweizer Bank Credit Suisse erworben hatte, ging man noch weitaus behutsamer vor. Und auch bei der Auswertung von Daten aus Liechtenstein bezog man die Medien erst ein, als die Staatsanwaltschaft Bochum bereits bei Ex-Postchef Klaus Zumwinkel morgens vor der Tür stand.
Der Finanzminister kämpft
Spätestens seit das Bundesverfassungsgericht im November 2010 letztinstanzlich gestattete, auch gestohlene Daten über Steuersünder für Ermittlungszwecke nutzen zu dürfen, kämpft jemand wie Minister Walter-Borjans energisch für das Recht auf Auswertung von CDs aus Steuerparadiesen. Mitte Dezember will er deshalb gemeinsam mit anderen Länderkollegen ein geplantes Steuerabkommen der Bundesregierung mit der Schweiz im Bundesrat stoppen. Er wittert eine „Blaupause für einen Ablasshandel“, der künftige Strafverfolgung unmöglich mache.