Berlin. . Die deutschen Bundesländer sollen den enttarnten Trojaner nicht mehr verwenden. Dazu hat sie Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) aufgefordert. Er fordert auch klarere Gesetze für den Einsatz solcher Software.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat die Bundesländer aufgefordert, die vom Chaos Computer Club (CCC) enttarnte Spionagesoftware nicht mehr einzusetzen. Das Programm sollte nicht verwendet werden, solange es mehr könne, als gesetzlich zulässig sei, sagte der CSU-Politiker am Dienstag im Deutschlandfunk.
Gleichzeitig sprach sich Friedrich dafür aus, in der Strafprozessordnung den Einsatz solcher Software neu zu regeln. Er hoffe, dass das Bundesjustizministerium in dieser Sache einen Vorschlag erarbeite.
Zum Einsatz des Trojaners in Bayern sagte Friedrich, er gehe weiter davon aus, dass nicht gegen das Gesetz verstoßen worden sei. Er könne die Forderung nach Aufklärung jedoch nachvollziehen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte am Montag eingeräumt, dass der vom CCC analysierte Trojaner bei einem Ermittlungsverfahren verwendet worden sei. Dabei seien aber die rechtlichen Vorgaben eingehalten worden. Die SPD hat wegen des Vorgangs eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragt.
Auch NRW-Behörden setzten den Trojaner ein
Auch die Polizei und andere Behörden in Nordrhein-Westfalen haben Trojaner eingesetzt. Programme zum Ausspionieren von Computern wurden nach Angaben des Düsseldorfer Innenministeriums vom Dienstag bei der Strafverfolgung aber rechtmäßig verwendet.
Die Polizei habe in zwei Ermittlungsverfahren aus 2009 und 2010 "Maßnahmen zur Quellentelekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) durchgeführt", sagte Ministeriumssprecher Ludger Harmeier. Es habe sich um schwere Straftaten der Rauschgiftkriminalität gehandelt: "Das Vorgehen erfolgte nach geltendem Recht und auf der Grundlage richterlicher Anordnungen."
Online-Durchsuchungen habe es nicht gegeben. "Wir halten uns an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts", sagte der Sprecher. Quellen-TKÜ werde dann eingesetzt, wenn Beschuldigte über Internettelefonie kommunizierten. In diesem Fall können nur bereits verschlüsselte Daten aufgezeichnet werden. "Ein Zugriff auf sonstige Inhalte des Computers ist hierdurch nicht vorgesehen. Das unterscheidet unsere Software von dem vom Chaos Computer Club kritisierten Staatstrojaner", sagte Harmeier.
Innenminister Ralf Jäger soll berichten
Zunächst hatte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) von einer "Handvoll von Fällen" berichtet. Auf Nachfrage gab sie keine konkrete Zahl an. GdP-Landeschef Richter sagte, die Polizei gehe "verantwortlich mit diesem Fahndungsinstrument" um. Für viele Straftäter sei "der PC längst zum Tatwerkzeug geworden".
Am Donnerstag berät der Innenausschuss des Landtags über den Fall. Von Innenminister Ralf Jäger (SPD) wird ein Bericht erwartet.
Die FDP forderte "ein Moratorium für den Einsatz solcher Software in Nordrhein-Westfalen". Das Land dürfe "keine rechtswidrigen Überwachungs- und Ausspähtechniken oder Softwareversionen verwenden", forderte der Innenexperte der FDP-Fraktion, Horst Engel.
Linke fordern Aufklärung über "verfassungswidrige Schnüffelsoftware"
Die NRW-Piratenpartei kritisierte den Einsatz. Es müsse geklärt werden, ob "die Software in der Lage ist, sich innerhalb eines Computernetzwerkes zu verbreiten, um so Zweit- oder Drittgeräte des Überwachten oder anderer auch unbeteiligter Dritter zu infiltrieren". Auch die Linke im Landtag forderte Aufklärung über die "verfassungswidrige Schnüffelsoftware".
Mit einem sogenannten Staatstrojaner kann nach Angaben des Chaos Computer Clubs nicht nur die Kommunikation überwacht, sondern der Computer komplett ferngesteuert werden. Für die Online-Durchsuchung hatte das Bundesverfassungsgericht enge Grenzen gesetzt.
Trojaner bescherte Hersteller Millionenumsatz
Der Hersteller des umstrittenen "Staatstrojaners" zur Kommunikationsüberwachung belieferte offenbar diverse Bundes- und Landesbehörden. Nach Informationen von "Spiegel Online" sollen beispielsweise das Landeskriminalamt Baden-Württemberg, die Bundesnetzagentur und das Zollkriminalamt in Köln Überwachungswerkzeuge des hessischen Softwareunternehmens DigiTask bezogen haben. Damit soll die Firma Millionen umgesetzt haben.
Hohe Summen gab dem Bericht zufolge etwa das Kölner Zollkriminalamt aus. Von März 2008 bis Januar 2009 soll es Aufträge an DigiTask im Wert von mehr als 2,7 Millionen Euro vergeben haben. DigiTask belieferte laut Innenministerium auch die NRW-Polizei. (dapd/afp)