Washington. . In Deutschland stolperte Karl-Theodor zu Guttenberg über eine Plagiatsaffäre. In den USA schadet das seinem Ansehen nicht. Als “angesehener Staatsmann” heuert bei einer angesehenen Denkfabrik in Washington an.

In der bedeutungsschweren Welt der Washingtoner „K Street“ fühlte Karl-Theodor zu Guttenberg sich immer schon wie zuhaus. Als Ex-Wirtschaftsminister und frisch gebackener Verteidigungsminister hatte der einstige CSU-Star bei einer Kurzvisite 2009 die Lacher im Saal an der Lobby-Meile in der amerikanischen Hauptstadt schnell auf seiner Seite, als er im renommierten „Center of International and Strategic Studies”, kurz CSIS, seinen hochkarätigen Zuhörern zurief: “Es ist großartig, wieder hier zu sein. Ich war etwas abgelenkt in den letzten Monaten durch die Wirtschaftspolitik. Doch jetzt bin ich von General Motors wieder zu Generälen und echten Motoren zurückgekehrt.”

Nach einigen Unterbrechungen, einer kurzen, intensiven Amtszeit als selbst ernannter Radikal-Reformer der Bundeswehr sowie der Affäre um sein Doktorarbeit-Plagiat, die ihn den Arbeitsplatz im Kabinett Merkel kosten sollte, kehrt Guttenberg jetzt dauerhaft an eine der renommiertesten Denkfabriken der US-Hauptstadt zurück. Von seinem neuen Wohnort im edlen Greenwich, eine Autostunde von New York entfernt, wird der prominenteste “politische Flüchtling” der Republik künftig regelmäßig an den Potomac-Fluß reisen, um sich den “transatlantichen Beziehungen und ihrer Vertiefung” zu widmen.

Unentgeltliche Tätigkeit

Bezahlt, so bestätigte ein Sprecher des CSIS, wird der neue Job als Leiter eines neuen “Dialogforums” nicht; was den Multimillionär nicht weiter stören dürfte. Kontakte zu halten, “die Nabelschnur zur großen Politik nicht zu verlieren”, sei das Hauptmotiv, sagen Leute aus seinem Umfeld.

Als Titel wurde Guttenberg der “distinguished statesman” zuerkannt. Was zu Deutsch so viel wie “angesehener Staatsmann” heißt. John Hamre, Chef der Denkfabrik, fand in einer offiziellen Stellungnahme euphorische Worte für den Kulmbacher. “Guttenbergs Enthusiasmus und seine tiefe Leidenschaft für den Dialog zwischen Europa und Amerika”, sagte er, sei “von enormem Wert” für CSIS.

Dass Guttenberg daheim im bayerischen Hof möglicherweise demnächst eine Anklage wegen Verletzung des Urheberrechtes droht, der er sich beim Abschreiben seiner Doktorarbeit schuldig gemacht soll, interessiert die Führung eines der wichtigsten von rund 350 Thinktanks (Gedankenschmieden) in Washington nicht. Dabei gehören der im Kalten Krieg in den 60er Jahren entstandenen Einrichtung reihenweise Ex-Minister und Top-Berater etlicher Regierungen an; darunter Henry Kissinger.

Thinkthanks sind „Parkplätze“

Mit dem Anschluss an das CSIS vollzieht Guttenberg fernab der Heimat für sich nach, was in den USA seit Jahren Übung ist. In den meist privat finanzierten Denkfabriken überwintern Hunderte geschasste Ministeriumsmitarbeiter die Amtszeit des politischen Gegners im jeweils politisch befreundeten Beratungsinstitut. Im Gegenzug rekrutiert die amtierende Regierung reihenweise Personal aus den ihr genehmen Einrichtungen, deren Beratertätigkeit nicht selten ungeheuren öffentlichen Druck erzeugt und zuweilen die echte Politik prägt.

Kritiker halten die Expertise, die aus manchen Thinktanks kommt für “von Ideologie korrumpierte Meinungsmache” und eine “Art Kriegsführung im Kampf der Ideen”. Auf dieses Schlachtfeld dürfte sich der frühere CSU-Obmann im Außenpolitischen Ausschuss des Bundestages nicht begeben wollen. Guttenberg, das hat seine Ehefrau Stephanie ausgewählte Medien bereits wissen lassen, will irgendwann zurück nach Deutschland. Wahrscheinlich nicht als Denkfabrikant.