Berlin. . FDP-Chef Rösler bringt eine Staatspleite Griechenlands ins Spiel. Die Rezession in Griechenland sei schlimmer als erwartet. Regierungschef Papandreou verspricht zwar härtere Spar-Anstrengungen. Die CSU verschärft bereits den Ton beim Thema Euro-Austritt.

Erstmals bringt mit Vizekanzler Philipp Rösler ein Mitglied der Bundesregierung eine Staatspleite Griechenlands ins Gespräch. Der FDP-Vorsitzende nannte in einem Beitrag für „Die Welt“ eine geordnete Insolvenz denkbar, wenn dafür die Instrumente zur Verfügung stünden. Medienberichten vom Wochenende zufolge laufen im Bundesfinanzministerium bereits Planspiele, wie ein Bankrott beherrscht werden könnte. Eine zentrale Rolle könnte der Euro-Rettungsschim EFSF spielen, der mit seinen neuen Instrumenten eine Kettenreaktion in der Euro-Zone verhindern würde. Die griechische Regierung stemmt sich allerdings weiter gegen eine Pleite und versprach, Sparauflagen zu erfüllen.

Rösler spricht von „geordneter Insolvenz Griechenlands“

„Um den Euro zu stabilisieren, darf es auch kurzfristig keine Denkverbote mehr geben“, schrieb Wirtschaftsminister Rösler: „Dazu zählt notfalls auch eine geordnete Insolvenz Griechenlands.“ Die unzureichenden Konsolidierungsbemühungen unterspülten das Vertrauen der Menschen und Märkte in die gemeinsame Währung. Er forderte, ein System automatischer Sanktionen zu etablieren, wenn Reformen nicht umgesetzt würden. Auch ein befristeter Entzug des Stimmrechts in der EU dürfe kein Tabu sein. Als letzter Schritt müsse eine Insolvenz möglich sein. Dazu gehöre eine Beteiligung privater Gläubiger.

Der „Spiegel“ berichtete, Finanzminister Wolfgang Schäuble zweifele daran, dass Athen vor einer Pleite bewahrt werden könne. Solche Signale gibt es seit längerem hinter den Kulissen der Bundesregierung, sie bekommen aber mit der von den Euro-Regierungen vereinbarten Stärkung des EFSF erstmals eine konkrete Dimension. Ab Oktober soll der EFSF Euro-Ländern vorsorglich Kreditlinien gewähren und die Märkte durch den Kauf von Staatsanleihen beruhigen können. Zudem kann er künftig Regierungen Sonderkredite zur Bankenstabilisierung geben.

Tranche liegt auf Eis

All dies sind Maßnahmen, die eine Ansteckung vor allem Spaniens und Italiens durch eine Staatspleite Griechenlands verhindern könnten. Die „Welt am Sonntag“ berichtete, die Bundesregierung verabschiede sich wegen der neuen Möglichkeiten des EFSF und der wachsenden Zweifel an der Reformfähigkeit der Griechen von ihrer bisherigen Maxime, das Land auf keinen Fall pleite gehen zu lassen. Der Chefhaushälter der Unions-Fraktion, Norbert Barthle, sagte zu Reuters: „Man kann eine mögliche Restrukturierung Griechenlands nicht mehr ausschließen.“.

Faktisch wäre die Staatspleite schon bald Realität, wenn das Land nicht die zur Auszahlung anstehende sechste Tranche von acht Milliarden Euro aus dem 110 Milliarden Euro schweren ersten Hilfspaket seiner Euro-Partner und des IWF erhält. Weil die Regierung in Athen ihre Sparzusagen bisher nicht einhalten kann, liegt die Tranche auf Eis. „Griechenland weiß, dass die Auszahlung der Kredite davon abhängt, dass es seine Auflagen erfüllt“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel dem „Tagesspiegel am Sonntag.“ Sie mahnte aber auch zur Geduld: „Was über Jahre versäumt wurde, kann nicht über Nacht behoben werden.“

Papandreou will unbedingt im Euro bleiben

Ob es den Griechen gelingt, das Ruder herumzureißen, wird jedoch immer fraglicher. So trifft die Rezession das Land viel tiefer als gedacht. Nach einer neuen Prognose der Regierung in Athen schrumpft die Wirtschaft dieses Jahr mindestens um fünf Prozent. Bisher wurden ein Minus von 3,8 Prozent erwartet. Die Folgen sind niedrigere Steuereinnahmen und höhere Sozialausgaben, was den Spar- und Reformkurs konterkariert.

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou versprach in einer von gewaltsamen Protesten begleiteten Rede, die Anstrengungen gegen die weit verbreitete Steuerflucht zu verdoppeln. Er werde mit allen Mitteln für einen Verbleib in der Euro-Zone kämpfen: „Unsere oberste Priorität ist ein sicherer Kurs, um das Land vor dem Bankrott zu retten.“

Der „Spiegel“ berichtete dagegen, die Planspiele für eine Pleite seien im EU-Apparat und im Bundesfinanzministerium längst angelaufen. Durchgespielt würden die beiden Varianten, dass Griechenland danach in der Euro-Zone bleibe oder nicht.

In der Koalition schwindet die Geduld mit den Griechen zusehends. „Euro-Staaten, die sich nicht an die gemeinsamen Regeln der Haushaltsdisziplin halten und dadurch sich und die Währungsunion in Schwierigkeiten bringen, müssen damit rechnen, die Währungsunion verlassen zu müssen“, heißt es in einem Leitantrag für den nächsten CSU-Parteitag, den der CSU-Vorstand am Montag beschließen will. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sagte, wenn die Reformanstrengungen der Griechen nicht erfolgreich seien, müsse man sich der Frage stellen, ob man nicht neue Regeln brauche, die einen Austritt ermöglichten.

Auch die Bürger werden immer kritischer. Einer Emnid-Umfrage zufolge sprechen sich 53 Prozent der Befragten dafür aus, dass Deutschland keine weiteren Finanzhilfen für Griechenland bereitstellen und das Land bankrott gehen lassen solle, wenn es seine Sparauflagen nicht erfülle. 43 Prozent plädieren für weitere Hilfen, um eine Staatspleite abzuwenden. (rtr)