Duisburg.. Die CDU Duisburg steckt in einer tiefen Krise: Loveparade-Katastrophe, Unterschriften gegen OB Adolf Sauerland, Wirbel um Wahlmanipulationen. Teile der Basis wollen nun „mehr Demokratie wagen“. Sie träumen von einer anderen, sauberen Union.

Selten ist eine Partei nach dem Höhenflug so abgeschmiert: Die CDU Duisburg saß auf dem Olymp. Sie eroberte das Oberbürgermeisteramt in einer Stadt, die so rot schien wie der Nachthimmel überm Hochofen. Und rutschte dann in den Kohlenkeller: Loveparade-Katastrophe, Un­terschriften gegen Adolf Sauerland, Zoff und fliegende Fäuste wegen Wahlmanipulationen in einigen Ortsverbänden und eine Junge Union, die lieber Pils trank als Politik machte. Schlimmer geht’s nimmer, meinen Teile der Parteibasis. Sie haben die Nase voll. Sie wollen eine andere, saubere CDU.

Bianca Seeger, ihr Vater Ralf Bauerfeld und Guido Fischer gehen nicht als klassische Revoluzzer durch. Die Lokalpolitiker kleiden sich dezent. Für sie sind „Ehrlichkeit“ und „Beständigkeit“ immerjunge Werte. Aber sie machen Rabatz. Sie wollen in der Duisburger CDU, was einst ein roter Kanzler dem ganzen Land empfahl: mehr Demokratie wagen.

"Verändert hat sich nichts"

„Die CDU hier ist zur Kungelpartei geworden, jedenfalls an ihrer Spitze“, wettert Ralf Bauerfeld. Seit 27 Jahren ist Bauerfeld Christdemokrat, er leitete den Ortsverband Duisburg-Huckingen, genoss 2004 „Momente größter Freude“, als Adolf Sauerland Bärbel Zieling (SPD) vom Thron stieß. Nun ist er ein Ankläger. Bauerfeld und Seeger liegen im Clinch mit der Parteispitze um Thomas Mahlberg. Es geht um Macht und Einfluss im Ortsverband Huckingen. Das Bundesschiedsgericht der CDU und ein Amtsgericht gaben Bauerfeld Recht. „Wahlnomaden“, also Delegierte, die, wie in Huckingen, mal eben den Ortsverband wechseln, um Wahlen zu beeinflussen, darf es nicht mehr geben.

Das Urteil ist neun Monate alt. Nur: „Verändert hat sich nichts“, schimpfen Seeger, Bauerfeld und Fischer. Nun blasen die Rebellen zum Angriff. Ihre „Initiative für mehr Demokratie“ fordert: Kandidaten auf allen Ebenen sollen nicht mehr nur von Delegierten, sondern von allen Parteimitgliedern gewählt werden dürfen. Wahrhaft revolutionär ist das gar nicht. Schließlich bekennen sich viele CDU-Kreisverbände in Deutschland längst zu diesem „Mitgliederprinzip“. Aber Duisburgs Union kennt so viel Mitsprache an der Basis nicht.

„Wir hatten nie Probleme mit Wahlnomaden“

Die Rebellen machen Lärm, aber manche Parteifreunde halten sich lieber die Ohren zu. Ratsmitglied Thomas Susen aus dem Duisburger Süden hält die Revoluzzer für eine „Randgruppe“. Von heute auf morgen könne man Bewährtes nicht einfach abschaffen. „Es gibt Mitglieder, die sich seit 35 Jahren in einem Ortsverband engagieren, aber nie dort gewohnt haben. Das ist aber nichts Schlimmes“, findet Susen. „Wir haben nie Probleme mit Wahlnomaden gehabt“, erklärt Karl Wilhelm Overdick aus dem CDU-Stadtbezirk Mitte. Und: „Man kann ja über alles reden. Aber wer etwas verändern will, der sollte mit offenem Visier auf ei­nem Kreisparteitag kämpfen.“

 Manch einem geht die „Demokratie-Initiative“ mächtig auf den Wecker. In deren Werbe-Broschüre setzen sich neben anderen Promis Jürgen Rüttgers und der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, für das Mitgliederprinzip ein. „Das ist das CDU-Wahlverlierer-Heft“, heißt es spöttisch aus der Ratsfraktion.

Rückhalt für OB Adolf Sauerland

Während sich die Duisburger Christdemokraten streiten wie die Kesselflicker, steht der Oberbürgermeister wegen der Loveparade-Katastrophe vor einem Scherbenhaufen. Hat der OB, der in der Öffentlichkeit nicht selten gemieden, ja geächtet wird, überhaupt noch den Rückhalt seiner Partei?

Er hat. Adolf Sauerland mag als tragische Figur gelten, für die Duisburger CDU bleibt er ein Held. „Ich stehe voll hinter ihm. Die Hetzkampagne gegen ihn und seine Familie ist doch finsteres Mittelalter“, sagt Guido Fischer vom CDU-Ortsverband Rumeln-Kaldenhausen. Auch Bianca Seeger und Ralf Bauerfeld zollen dem OB Respekt. Sauerland, das sei einer, der mit Herzblut Politik gemacht habe. Einer, der „ganz dicht an den Bürgern dran war“. Einer, der das schiefe Schimanski-Bild Duisburgs endlich mal gerade gerückt habe. „Es wäre wohl besser für ihn persönlich gewesen, wenn er zurückgetreten wäre“, findet Bianca Seeger. „Jetzt ist es sowieso zu spät.“ „Ich glaube, Adolf Sauerland hält den Kopf für andere hin“, mutmaßt Ralf Bauerfeld. Ob es so ist, weiß niemand. In der Duisburger Union habe es nie eine offene Aussprache über dieses delikate Thema gegeben.