Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel bekannte sich beim Rekruten-Gelöbnis unerwartet deutlich zur Wehrpflicht. 400 Bundeswehrsoldaten nahmen an der feierlichen Zeremonie vor dem Reichstag teil. Den knapp 200 Demonstranten gelang es nicht, die Veranstaltung zu stören.

Am Tag, an dem sich zum 65. Mal das gescheiterte Attentat der Widerstandskämpfer um Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg gegen Adolf Hitler jährte, sollte rein gar nichts schiefgehen bei der feierlichen Zeremonie vor dem Reichstag in Berlin. Weil bis zuletzt anonyme Aufrufe aus der linksextremen Szene kursierten, die in drastischen Worten Gewalt gegen Soldaten propagierten, hatte die Berliner Polizei vor dem gestrigen Gelöbnis von 400 Bundessoldaten das Areal im Regierungsviertel schon am Nachmittag in eine riesige Sicherheitszone verwandelt.

Feier ohne Störungen

Das Resultat entsprach den Vorstellungen der Veranstalter. Ohne Störungen durch knapp 200 Demonstranten, die außer Sicht- und Hörweite vom Reichstagsgebäude am Potsdamer Platz friedlich und lautstark ihre Kritik an einem aus ihrer Sicht „militaristischen Ritual” bekundeten, sprachen die jungen Rekruten zum zweite Mal an diesem Ort ihre Formel: „Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.”

Bundeskanzlerin Angela Merkel, neben Verteidigungsminister Franz-Josef Jung Hauptrednerin, nutzte den Abend zu einem unerwartet deutlichen Bekenntnis zur Wehrpflicht, die eine „wichtige Klammer zwischen Gesellschaft und Streitkräften” darstelle. Der Dienst in der Bundeswehr zeige, dass „Freiheit nicht zum Nulltarif ohne verantwortungsvolles Engagement aller Bürger” zu haben sei, sagte Merkel wohl auch an die Adresse des Regierungswunschpartners FDP, deren Chef, Guido Westerwelle, vor Kurzem für die Wehrpflicht-Abschaffung eingetreten war.

Merkel: Bekenntnis zur Wehrpflicht

Merkel dagegen blieb eindeutig: „Ich bekenne mich zur Wehrpflicht”, sagte sie, und sprach von einem „Markenzeichen unserer Streitkräfte, um die wir auch international beneidet werden”.

Im Gegensatz zu den Anti-Gelöbnis-Protesten der vergangenen Jahre, als der öffentliche Zapfenstreich im Bendlerblock des Verteidigungsministeriums stattfand, hatten die Gegner diesmal die Tonart im Vorfeld verschärft. So wurde mittels einer makabren „Gebrauchsanweisung” offen dazu aufgerufen, Bundeswehrangehörige- abhängig vom Dienstgrad – körperlich zu behelligen: Für einen Oberstleutnant waren Tritte gegen das Schienbein vorgesehen, für einen General schlichtes „Reinhauen”. Entgegen den Befürchtungen verlief die Zeremonie , an der viele Familien der Rekruten teilnahmen, ohne Zwischenfälle.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), hatte dessen ungeachtet zuvor eine fehlende Anerkennung für die Truppe beklagt. „Es gibt in unserer Gesellschaft zu wenig menschliche Zuwendung gegenüber unseren Soldatinnen und Soldaten”, sagte Robbe in einem Interview. Gelöbnisse vor dem Reichstag, die Vergabe von Tapferkeitsmedaillen und der Bau eines Ehrenmals für tote Soldaten seien darum „wichtige symbolische Gesten”.

Gedenken an gescheitertes Hitler-Attentat

Eine solche Geste unternahmen Parlament und Bundesregierung im Laufe des Tages, als sie des gescheiterten Attentats auf Hitler mit Kranzniederlegungen im Bendlerblock und in der Gedenkstätte Plötzensee gedacht.

Im Bendlerblock wurden Graf von Stauffenberg und zwei Mitstreiter in der Nacht zum 21. Juli 1944 standrechtlich erschossen. In Plötzensee wurden bis 1945 fast 3000 Menschen, darunter viele Gegner des Nationalsozialismus, getötet. Merkel sagte über die Männer und Frauen des Widerstands gegen Hitler, sie seien „Vorbild, Leitbild und Verpflichtung”.