Stuttgart. . Wirtschaftsminister Rösler (FDP) geht auf Distanz zu der von Kanzlerin Merkel (CDU) angestrebten Finanztransaktionssteuer. Die Liberalen würden nur zustimmen, wenn diese Finanztransaktionssteuer in allen 27 EU-Ländern erhoben werde.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler stellt die Zustimmung seiner FDP zur Finanztransaktionssteuer in Frage. „Unsere Zustimmung zu einer Transaktionssteuer gibt es, wenn überhaupt, nur dann, wenn diese in allen 27 EU-Ländern erhoben wird“, sagte Rösler der „Stuttgarter Zeitung“ vom Freitag laut Vorabbericht. Überlegungen, diese Steuer notfalls nur in der Euro-Zone einzuführen, wie sie etwa von Finanzminister Wolfgang Schäuble wiederholt geäußert wurden, erteilte Rösler eine Absage. „Die Euro-Zone darf gegenüber den anderen EU-Partnern nicht benachteiligt werden“, sagte der FDP-Chef. Er halte die Steuer nur dann für akzeptabel, wenn sie auch in Großbritannien erhoben werde. Der Finanzplatz London ist ein wichtiger Konkurrent von Frankfurt.

Rösler begründete seine Vorbehalte gegen eine solche Börsenumsatzsteuer, wie sie Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel in der EU forcieren wollen, mit den Folgen für deutsche Standorte und Arbeitsplätze in der Finanzwirtschaft.

Rösler kündigt Vorschläge für Steuersenkungen an

Der Minister trat auch Befürchtungen entgegen, die von Merkel und Sarkozy verabredete Wirtschaftsregierung im Rahmen der Euro-Zone könnte zu einem Bedeutungsverlust für die deutsche Wirtschaftspolitik führen. „Die deutsche Wirtschaftspolitik wird auch künftig vom deutschen Wirtschaftsminister gemacht“, sagte er der Zeitung. Bei der engeren Zusammenarbeit in Europa müssten zudem deutsche Besonderheiten beachtet werden. So dürfe die starke deutsche Exportorientierung nicht infrage gestellt werden.

Für den Herbst kündigte Rösler Vorschläge zu Steuersenkungen und zur Reduzierung der Lohnzusatzkosten an. „Das ist auch ökonomisch vernünftig, weil wir damit die Kaufkraft im Inland stärken und das Wachstum verstetigen“, argumentierte er. Von den Unionsparteien verlangte der FDP-Chef Bewegung in der Frage der Zuwanderung von Fachkräften.

Grüne: Merkel muss mit London über Finanztransaktionssteuer reden

Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, mit der britischen Regierung über die Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer zu verhandeln. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dürfe es „nicht bei saloppen Ankündigungen belassen“, sondern müsse Großbritannien mit dem wichtigen Finanzplatz London einbinden, sagte Grünen-Fraktionsvize Fritz Kuhn dem Berliner „Tagesspiegel“. Bei einem Steuersatz von 0,01 Prozent auf alle Börsentransaktionen könnten EU-weit 65 Milliarden Euro im Jahr erzielt werden. „

Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten auf ihrem Spitzentreffen Anfang der Woche zur Bewältigung der Euro-Krise unter anderem vorgeschlagen, die Finanztransaktionssteuer lediglich in der Euro-Zone einzuführen.

Lafontaine nennt Merkel „gefährlichste Frau Europas“

Der frühere Linke-Chef Oskar Lafontaine hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als „gefährlichste Frau Europas“ bezeichnet. „Sie versteht das Euro-System nicht, und sie versteht die Finanzmärkte nicht“, sagte er der „Saarbrücker Zeitung“. Er empfinde „Sorge und eine gewisse Resignation“, dass die Politik „immer noch nicht in der Lage ist, das Treiben der Banken zu beenden“. Die Vorschläge von Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hätten wenig Chancen, die Euro-Krise einzudämmen.

Solange „die Banken Zockerbuden sind und die Regierungen daran hindern, die richtigen Entscheidungen zu treffen“, werde auch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer scheitern.

Irland für Einführung der Finanztransaktionssteuer in allen EU-Ländern

In der von Deutschland und Frankreich entfachten Diskussion über eine Stärkung der europäischen Wirtschaftspolitik kommen Mahnungen aus Irland. Seine Regierung werde der Einführung einer Finanztransaktionssteuer nur dann zustimmen, wenn dies auf Ebene aller 27 EU-Staaten geschehe, sagte Finanzminister Michael Noonan der „Berliner Zeitung“. Sein Land hätte Probleme mit jeder Steuer, die den Wettbewerb beeinträchtigen würde.

Deutlich sprach sich Noonan auch gegen eine Angleichung der Unternehmenssteuersätze in der EU aus. Irlands enorme Konsolidierungsanstrengungen könnten „nur klappen, wenn wir unseren Weg heraus aus der Rezession bestimmen können“. Dublin werde im Interesse seiner Exportwirtschaft am niedrigen Satz von 12,5 Prozent bei der Körperschaftssteuer festhalten, kündigte der Minister an. (rtr/dapd)