Gelöbnis vor dem Reichtstag erinnerte an das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944. Schmidt: Ihr dient einer friedfertigen Nation
Berlin. Störer hatten beim Gelöbnis vor dem Reichtstag am Sonntagabend keine Chance. Das Areal war weiträumig abgesperrt, nicht einmal von Ferne waren die lautstarken Proteste von "Gelöbnix" und anderen kritischen Organisationen zu hören. Die Bundeswehr und 1800 Polizisten hatten vor dem Westportal des Reichstages alles gut im Griff.
500 Rekruten legten ihr Gelöbnis ab, 3000 Gäste waren geladen. Zuvor hatte es ein Tauziehen mit dem Bezirksamt Berlin-Mitte gegeben. Dieses hatte die Veranstaltung abgelehnt, nach Protesten aber zugestimmt. Zunächst hatte auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht teilnehmen wollen, aber am Samstag doch noch zugesagt.
"Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen". Diesen Text sprachen die Rekruten. Als besondere Geste schüttelte Merkel nach der Zeremonie einigen von ihnen die Hand.
Irgendwo zwischen militärischem Folklore-Abend und Staatsakt war die Stunde vor dem Reichstag angesiedelt. Mit Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) trat die Geschichte auf den Platz, als er aus seiner Zeit als Soldat im Nationalsozialismus berichtete. Er habe die Einladung zum Gelöbnis mit "innerer Bewegung" angenommen, sagte Schmidt. Lange Zeit habe er nicht den verbrecherischen Charakter des Hitler-Regimes erkannt und wie selbstverständlich die Befehle befolgt. Erst als Beobachter des Prozesses gegen die Attentäter des 20. Juli 1944, zu deren Ehren das Gelöbnis stattfand, habe er das Verbrecherische wahrgenommen.
Dann, gleichsam an die Protestierer gewandt, sagte Schmidt, die Bundesrepublik sei ein ganz anderer Staat geworden - wenn auch nicht ganz aus eigener Leistung, sondern auch durch die Einbindung in Europa und in die Nato. Aber es sei nötig, wachsam zu bleiben. Schmidt lobte Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD), der sich dem völkerrechtswidrigen Irak-Krieg verweigert habe. Dagegen sei der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan vom Grundgesetz gedeckt.
"Liebe Soldaten, ihr habt das Glück, einer friedfertigen Nation zu dienen. Dieser Staat wird Euch nicht missbrauchen", wischte Schmidt zum Schluss seiner Rede alle Zweifel an dieser Veranstaltung mit der Autorität seiner historischen Erfahrung beiseite.
Verteidigungsminister Franz Jung (CDU) hatte zuvor schon daran erinnert, dass die Bundeswehr aus der NS-Diktatur ihre Lehren gezogen habe.
Als die Rekruten nach einer Stunde abtraten, war vielen Gesichtern abzulesen, dass sie stolz auf das Gelöbnis waren.