Kiel. .

Neun Monate vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein ist der CDU-Spitzenkandidat Christian von Boetticher zurückgetreten. Der 40-Jährige zog damit die Konsequenz aus einer Liebesbeziehung zu einer Jugendlichen aus NRW.

Der rasante Aufstieg eines CDU-Hoffnungsträgers fand am Sonntagabend ein jähes Ende: Christian von Boetticher trat als schleswig-holsteinischer CDU-Landesvorsitzender und Spitzenkandidat zurück, nachdem eine Beziehung zu einer 16-Jährigen aus dem vergangenen Jahr öffentlich geworden war. „Es war schlichtweg Liebe“, aber er habe die „moralischen Vorbehalte bei vielen Menschen“ unterschätzt, erklärte der 40-Jährige am Abend. Neun Monate vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein stürzt von Boetticher die dort gemeinsam mit der FDP regierende Nord-CDU, deren Machterhalt er als Spitzenkandidat sichern sollte, damit in große Probleme.

Er werde die CDU „mit einem klaren konservativen Werte-Profil“ führen, hatte von Boetticher vor seiner Wahl zum CDU-Landeschef im September 2010 angekündigt. Doch nicht nur die Konservativen in seiner Partei dürften die kurze Beziehung des 40-Jährigen zu einer Jugendlichen kritisieren - auch wenn sie rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Boetticher hatte das Mädchen aus NRW bei Facebook kennengelernt

Der CDU-Politiker, der auch Fraktionsvorsitzender der CDU im Kieler Landtag ist und im Mai auf einem Parteitag als Spitzenkandidat für die kommende Wahl nominiert worden war, lernte das Mädchen aus Nordrhein-Westfalen Presseberichten zufolge Anfang 2010 im sozialen Netzwerk Facebook kennen. Ab März sei es zu mehreren Treffen gekommen. Von Boetticher habe die Affäre dann im Mai 2010 beendet, als er als Nachfolger von CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ins Gespräch kam.

Von Boetticher galt als politischer Ziehsohn Carstensens. Schon in jungen Jahren konzentrierte sich der promovierte Jurist auf die Politik. Der Luftwaffen-Reserveoffizier legte eine steile politische Karriere hin: Mit 28 Jahren war er Europaabgeordneter, mit 34 wurde er Landwirtschafts- und Umweltminister in Schleswig-Holstein. Seit September 2009 führte er die CDU-Fraktion im Kieler Landtag, die dort gemeinsam mit der FDP regiert.

Carstensen galt schon länger als amtsmüde

Endgültig zum Hoffnungsträger wurde von Boetticher im September 2010, als er den CDU-Landesvorsitz von Carstensen übernahm. Acht Monate später kürten ihn die schleswig-holsteinischen Christdemokraten zu ihrem Spitzenkandidaten für die vorgezogene Neuwahl am 6. Mai 2012.

Dass Carstensen seinen Posten als CDU-Landesvorsitzender frühzeitig räumte, hatte mit der Entscheidung des Landesverfassungsgerichts für vorzeitige Neuwahlen bis spätestens September 2012 zu tun. Die Richter hatten das Landeswahlrecht, auf dessen Basis der derzeitige Landtag zustande kam, vor einem Jahr für verfassungswidrig erklärt und einen neuen Urnengang angeordnet. Der 64-jährige Carstensen galt schon länger als amtsmüde und war wenig gewillt, schon wieder bei einer Landtagswahl als Spitzenkandidat ins Rennen zu gehen.

Mit dem Wechsel an der Spitze der Nord-CDU gab es auch eine persönliche Akzentverschiebung: Anders als sein Mentor Carstensen, einem Agraringenieur aus Nordfriesland, ist von Boetticher kein Kind der klassischen ländlichen Christdemokratie. Er wurde im kleinen Ort Appen im wohlhabenden „Speckgürtel“ der Millionenmetropole Hamburg geboren und urlaubt gerne auf der Insel Sylt, von der seine Mutter stammt.

Als Lieblingsbuch gab der ledige Politiker kürzlich „Herr der Ringe“ an. Besonders gut in dem weltberühmten Fantasy-Roman gefalle ihm der Zauberer Gandalf - der Anführer einer kleinen Schar von Gefährten, die sich dem Kampf mit bösen Mächten stellen. Treue Gefährten dürfte von Boetticher jetzt auch gut gebrauchen können, um sein Leben in den nächsten Monaten neu zu ordnen und nach einer Zeit eventuell die Rückkehr in die Politik zu wagen. (afp)