Washington. Trotz aller Beschwichtigungsversuche des amerikanischen Präsidenten ist die Welt nicht sicherer geworden. Aber Barack Obama hat Wandel gebracht: Sein Amtsantritt war zugleich das Ende des Schwarz-Weiß-Denkens. Dennoch bedeutet die veränderte politische Haltung keinen Machtverzicht.

Sechs Monate nach dem Amtsantritt Barack Obamas ist die Welt nicht sicherer geworden. Vor allem die Parias der internationalen Staatengemeinschaft trotzen der Aufforderung des neuen US-Präsidenten, „ihre Fäuste (zu) öffnen“: Das Mullah-Regime in Teheran bastelt nach der Wahlfarce und den brutalen Übergriffen gegen die Opposition weiter mit Hochdruck an der iranischen Atombombe.

Ende des Schwarz-Weiß-Denkens

Der bizarre Despot in Nordkorea hat seine nuklearen Drohgebärden verschärft. Am Hindukusch hat der Krieg gegen die islamistischen Gotteskrieger der Taliban und ihrer El Kaida-Helfershelfer eine neue brutale Qualität gewonnen – auch weil Obama die amerikanischen Streitkräfte an der umkämpften afghanischen Südfront aufgestockt hat.

Dennoch kommt die Außenpolitik Obamas einem Neustart gleich – etwa im Verhältnis der USA zum wegen seiner Schwäche auftrumpfenden Russland, mit dem nun erste Abrüstungsschritte verabredet sind. Der Nachfolger George W. Bushs im Weißen Haus hat Amerikas Rolle in der Welt neu definiert, wohl wissend, dass damit nicht in wenigen Monaten Erfolge einzuheimsen sind. Im Gegensatz zu Bushs reichlich simpler Sicht wird die Welt nicht länger in solche Staaten geschieden, die für und solche, die gegen Amerika sind.

Die Gefahren der Wirtschaftskrise

In Obamas neuer Definition der internationalen Politik sind die globale Wirtschaftskrise und deren geopolitische Auswirkungen das kurzfristig wichtigste Sicherheitsproblem. Denn diese Krise, die einer Kernschmelze des internationalen Finanzsystems gefährlich nahe kam, droht politische Instabilität zu fördern, ökonomischen Nationalismus zu beflügeln, Schwellenländer zu schwächen, noch mehr gescheiterte Staaten zu erzeugen und die wirtschaftlichen wie militärischen Fähigkeiten der USA und ihrer Verbündeten zu beeinträchtigen.

Mit Appeasement, mit einer beschwichtigenden Politik, sollte Obamas demonstrierte smart power nicht verwechselt werden. Das Angebot zum Dialog und zur Kooperation ändert nichts am Anspruch der USA, als stärkste militärische und (noch) wirtschaftliche Macht eine führende Rolle in der Weltpolitik zu spielen. Doch allein Ausschlag gebend will Amerika nicht mehr sein, von dieser Arroganz der Macht hat sich die Regierung Obama verabschiedet. Mit gutem Grund: Kein Staat kann die globalen Probleme und regionalen Konflikte allein lösen – auch wenn es bei der Bewältigung der meisten Krisen auf absehbare Zeit nicht ohne amerikanische Führung gehen wird.

Zusammenarbeit ist gefragt

Zur neuen „Architektur der Kooperation“ (US-Außenministerin Hillary Clinton) zählt freilich die Einsicht, dass sich weltpolitische Probleme nicht allein durch diplomatische Bemühungen oder gar militärische Interventionen lösen lassen. Andere Instrumente sind gefragt, mehr Entwicklungs- als Militärhilfe, mehr Zusammenarbeit mit anderen Partnern der Zivilgesellschaften. Selbst rückständige autoritäre Regime, so Obamas Doktrin, könnten sich im Zeitalter weltweit vernetzter Kommunikation, solchen Einflüssen nicht entziehen.

Zweifel sind angesichts der Entwicklungen im Iran oder Nordkorea erlaubt. Hier kündigt sich in Washington eine härtere Linie an. Schließlich steht die Handlungsfähigkeit der USA und ihrer Partner auf dem Spiel. Man kann auch von einer Politik mit Zuckerbrot und Peitsche sprechen. Denn schon wird hinter verschlossenen Türen über verschärfte Sanktionen diskutiert. Und selbst die von Obama rasch zurückgeholte Äußerung seines Vizes Joe Biden, Israel an einem Angriff auf die iranischen Atomanlagen nicht zu hindern, lässt Raum für Interpretationen – und Optionen einer drastischen Politik zur Durchsetzung amerikanischer Interessen.