Peking. . Die US-Schuldenkrise erschüttert das Vertrauen der Bündnispartner in die US-Regierung. Die drohende finanzielle Lähmung in Washington löst weltweit Kopfschütteln aus. Indes: Der Kongress kann sich weiterhin nicht auf eine Lösung in der Schuldenkrise einigen.

Die amerikanische Schuldenkrise erschüttert das Vertrauen der Bündnispartner in die US-Regierung. Die drohende finanzielle Lähmung in Washington löst weltweit Kopfschütteln aus. Viele Länder fragen sich angesichts des festgefahrenen Etatstreits zwischen Demokraten und Republikanern, wie es sein kann, dass die USA für ein politisches Kräftemessen vor den Präsidentschaftswahlen 2012 einen Zahlungsausfall riskieren.

Internationale Finanzexperten fürchten, dass bei einer Zahlungsunfähigkeit nicht nur der Dollar abstürzt, sondern eine neue Krise auf den Weltmärkten bis hin zu politischen Unruhen drohen. Handelspartner der USA suchen bereits nach Alternativen. China expandiert in Lateinamerika und in anderen Ländern, die traditionell von den USA dominiert wurden.

Das Drama zwischen Republikanern und Demokraten hat die Glaubwürdigkeit der USA erschüttert. Der politische Einfluss der Amerikaner im Nahost-Konflikt und in anderen Krisen schwindet. Eine Wirtschaftsmacht, die ihren Haushalt nicht im Griff hat, geht nicht mehr mit gutem Beispiel voran. Welche Forderungen könnten die USA an andere Länder stellen, nun, da sie ihre Vorbildfunktion verloren hätten?, fragt der ehemalige Gouverneur der pakistanischen Zentralbank, Ishrat Husain.

Diskutieren, um dann „die richtige Lösung“ zu finden

US-Außenministerin Hillary Clinton versuchte vergangene Woche auf ihrer Asien-Reise zu beruhigen. Ja, die Schuldendebatte sei unschön, doch so sei es eben in einer Demokratie. Man diskutiere, um dann „die richtige Lösung“ zu finden.

Seit der Finanzkrise im Jahre 2008, die von den USA auf andere Länder übergriff, ist das Image der Amerikaner als Supermacht angekratzt. Schwellenländer wie China, Brasilien und Südafrika beharren darauf, dass ihnen auf der politischen Weltbühne mehr Einfluss zugestanden wird. Die Zentralbanken vieler Länder schichteten vom Dollar in andere Währungen um - ein Trend, der sich bei einem Zahlungsausfall verstärkt fortsetzen dürfte.

Rolle des Dollars in Frage gestellt

Die derzeitigen Turbulenzen stellten die Rolle des Dollars im Internationalen Währungssystem stärker infrage als je zuvor, sagt der ehemalige libanesische Handelsminister und Chefökonom beim staatlichen International Finance Center in Dubai, Said Nasser Saidi.

China als größter Gläubiger der USA forderte Washington zu verantwortungsvollem Handeln auf. Die Investoren müssten unter allen Umständen geschützt werden. Die chinesische Regierung scheint zwischen den eigenen Ambitionen und wirtschaftlicher Notwendigkeit hin und hergerissen. Peking will, dass Washington seine Militärpräsenz in Asien abbaut und eine Weltwährung den Dollar ersetzt. Gleichzeitig ist die Volksrepublik von dem amerikanischen Hunger nach chinesischen Exporten abhängig und hat US-Staatsanleihen im Volumen von 1,1 Billionen Dollar (knapp 768 Milliarden Euro).

Analysten warnen vor Domino-Effekt

Angesichts der Schuldenkrise in Europa warnen Analysten bei einem Zahlungsausfall der USA vor einem Dominoeffekt. Eine Zahlungsunfähigkeit in den USA könnte „eine Wirtschaftskrise, dann eine gesellschaftliche Krise und schließlich eine politische Krise auslösen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses der französischen Nationalversammlung, Charles de Courson. Historisch gesehen seien höhere Staatsschulden immer auch mit weniger Einfluss auf die Weltpolitik einhergegangen. Als Beispiel führt er die schwindende Macht Großbritanniens nach dem Ersten und Frankreichs nach dem Zweiten Weltkrieg an.

Der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel erklärte, bei einem Zahlungsausfall würden die USA ihren Ruf als verlässliche Wirtschaftsmacht verlieren - und das wäre fatal für die Weltwirtschaft.

Trotz aller Befürchtungen überwiegt in der Welt noch die Hoffnung, dass sich Republikaner und Demokraten vor Fristablauf am 2. August in letzter Minute irgendwie zusammenraufen.

Weiter keine Einigung im US-Schuldenstreit in Sicht

Der Kongress kann sich aber weiterhin nicht auf eine Lösung in der Schuldenkrise einigen: Nur wenige Stunden nach der Verabschiedung eines Entwurfs im von den Republikanern dominierten Repräsentantenhaus schmetterte der demokratisch beherrschte Senat das Papier ab. US-Präsident Barack Obama forderte in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache am Samstag ein Ende politischer Ablenkungsmanöver und erklärte, es bleibe nur noch „sehr wenig Zeit“ für eine Kompromisslösung.

Der unter Federführung des republikanischen Präsidenten des Repräsentantenhauses, John Boehner, ausgearbeitete Entwurf sah eine Anhebung der Schuldenobergrenze um 900 Milliarden Dollar (634 Milliarden Euro) und Haushaltskürzungen um 917 Milliarden Dollar vor. Er hatte allerdings von vornherein keine Chance, den Senat zu passieren. Denn sowohl Obama als auch seine demokratische Partei wollen keinen Vorschlag akzeptieren, der die Finanzierung des Staatshaushalts nicht bis nach den Präsidentschaftswahlen im November 2012 sicherstellt. Boehners geplante 900 Milliarden hätten wahrscheinlich nur bis zum kommenden Frühsommer gereicht.

USA könnten laut Moody“s bei Einigung Topbonität behalten

Sollte es zu einer tragfähigen Einigung kommen, könnten die USA ihre Topbonität nach Einschätzung der Ratingagentur Moody“s behalten. Die Kreditwürdigkeit Washingtons würde nach derzeitiger Bewertung jedoch voraussichtlich als AAA mit negativem Ausblick eingestuft, hieß es am Freitag. Vor zwei Wochen hatte die Ratingagentur noch mit einer Herabstufung der US-Bonität gedroht.

In der Vergangenheit war die Anhebung der Schuldenobergrenze stets eine Formalie. Doch in diesem Jahr haben die Republikaner angesichts des Haushaltsdefizits gewaltige Einsparungen bei den Staatsausgaben zur Vorbedingung für ihre Zustimmung gemacht. Das derzeitige Schuldenlimit von 14,3 Billionen Dollar haben die USA bereits im Mai erreicht. (ap)