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Der Grund: Wohlfahrtsverbände, Kirchen und andere Organisationen, die seit vielen Jahren neben „Zivis“ auch junge Leute im „Freiwilligen Sozialen Jahr“ (FSJ) beschäftigen, müssen ab sofort auch verstärkt „Bufdis“ engagieren. Letzte Woche kam die Vorgabe aus Berlin: Zu beschäftigen sind ab sofort zwei „Bufdis“ auf drei FSJ-ler. Wird diese Quote 3:2 nicht erreicht, kappt Berlin die Förderung der FSJ-Stellen.

Hintergrund sind offenbar anonyme Testanrufe des Ministeriums bei Verbänden wie dem Arbeitersamariterbund (ASB). Dabei, so ist zu hören, sei herausgekommen, dass die ASB-Mitarbeiter vorgeblichen Vätern junger Schulabgänger nur das „Freiwillige Soziale Jahr“ empfohlen hätten, nicht aber den neuen Freiwilligendienst. Berlin operiere mit „Stasi-Methoden“, um ein unausgereiftes Modell hastig und flächendeckend einzuführen, sagen Kritiker des Verfahrens.

Tatsächlich hat sich der Konflikt über Monate zugespitzt. 2010 beschloss der Bundestag das Ende der Wehrpflicht zum 30. Juni 2011, zeitgleich lief auch der Zivildienst aus. Rund 90 000 „Zivis“ waren Ende 2010 im Einsatz, heute sind nur noch 14 300 tätig – sie haben den Dienst freiwillig verlängert und sind die letzten ihrer Art.

Weiter Kindergeld

Nach Protesten der Sozialverbände hatte Berlin beschlossen, einen neuen Freiwilligendienst – neben dem „Freiwilligen Ökologischen Jahr“ und dem „Freiwilligen Sozialen Jahr“ (FSJ) einzuführen. 350 Millionen Euro plant der Bund für alle drei Dienste ein. Seit Mitte Mai wirbt die Regierung für das neue Projekt, verlässliche Zahlen und Details zur Förderung in den Einrichtungen liegen den Verbänden jedoch erst seit Ende Juni vor. Dass auch die jungen „Bufdis“ weiter Kindergeld beziehen können, sei lange offen geblieben, „das Gesetz dazu fehlt bis heute“, sagt Wilfried Theißen vom Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW. Immerhin habe Berlin zugesichert, dass junge Leute, die im Juli gestartet sind, mit Nachzahlungen rechnen können.

Je 35 000 besetzte Stellen im FSJ und im BFD: Das ist die Planung des Ministeriums für 2011. Das Geld dafür – 200 Euro Zuschuss pro Platz – liegt bereit. Allein, es fehlen die Menschen. Rund 3000 BFD-Verträge seien geschlossen, meldete das Ministerium jetzt.

„Grundsätzlich eine gute Sache“

Beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Niedersachsen lagen im Juli 800 Bewerbungen für das FSJ vor, aber nur 150 für den BFD. Muss der Verband nun FSJ-Verträge kündigen, um auf die 3:2-Quote zu kommen?, fragt man sich in Hannover. Im NRW-Verband, so Theißen, sieht es weniger dramatisch aus: Zum 1. August sind gut 100 FSJ-Verträge unterzeichnet gegenüber 60 BFD-Verträgen. „Bis September rechnen wir mit 500 zu 400 neuen Freiwilligen.“

Grundsätzlich hält Theißen den neuen Dienst für eine gute Sache. Ein Ersatz für die Zivis, die ihre Pflichtmonate in Altenheimen, Kliniken oder sozialen Einrichtungen ableisteten, dürften die „Bufdis“ allerdings nicht sein. „Ein Zivi konnte etwa über Wochen zum Fahrdienst abgestellt werden – die neuen Freiwilligen wollen aber etwas lernen, wollen sich beruflich orientieren oder Punkte machen fürs Studium. Fahrdienst ist denen viel zu langweilig.“