Datenschützer Schaar kritisiert gängige Praxis. Einzelne Städte erzielen Einnahmen von mehr als 200 000 Euro

Berlin. Nicht nur dubiose Adresshändler, auch die Kommunen machen Geld mit dem Verkauf persönlicher Daten. Diese Praxis hat der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar im WAZ-Gespräch scharf kritisiert. "Ich stehe dem äußerst kritisch gegenüber, insbesondere weil diese Daten zwangsweise für hoheitliche Zwecke erhoben werden", sagte Schaar. Er nannte es "bedenklich", dass Kommunen Meldedaten wie Namen und Adressen an Unternehmen geben und damit "nicht unerhebliche Einnahmen erzielen".

Allein die Stadt Bochum erzielt jährlich Einnahmen von rund 220 000 Euro, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Etwa ein Viertel der rund 125 000 Melderegister-Auskünfte sei gebührenpflichtig. Gelsenkirchen nimmt pro Jahr etwa 170 000 Euro durch die Weitergabe von Daten ein. In Duisburg fallen 300 000 Melderegister-Anfragen an - jede zweite davon ist gebührenpflichtig.

Schaar forderte, dass die Bürger ein allgemeines Widerspruchsrecht gegen die Weitergabe ihrer Melderegister-Daten erhalten. "Derzeit gibt es eine Auskunftssperre nur ausnahmsweise, etwa wenn man bedroht wird. Dies ist völlig unzureichend", sagte er. Schaar will die Praxis der Kommunen beim Datenschutz-Gipfel am morgigen Donnerstag ansprechen, zu dem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) eingeladen hat.

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