Athen. . Die griechische EU-Fischereikommissarin Maria Damanaki sieht die Beteiligung ihres Landes an der gemeinsamen europäischen Währung in Gefahr. Der Ausstieg aus dem Euro sei „auf dem Tisch“, schreibt sie auf ihrer Webseite.
Die griechische Schuldenkrise spitzt sich immer weiter zu. Als erste Politikerin äußerte EU-Fischereikommissarin Maria Damanaki aus Athen am Mittwoch die Befürchtung, ihr Land müsse aus dem Euro aussteigen. „Entweder einigen wir uns mit unseren Gläubigern auf ein Programm, das große Opfer verlangt, oder wir kehren zur Drachme zurück“, schrieb sie auf ihrer persönlichen Homepage.
Damanaki repräsentiert in Brüssel zwar nicht ihre Regierung, gehört aber den in Athen regierenden Sozialisten an. Ihre Warnung ist Ausdruck der Hilflosigkeit, mit der Ministerpräsident Giorgos Papandreou um einen Ausweg aus der Schuldenfalle kämpft.
EU-Kommission, Eurogruppe und Internationaler Währungsfonds (IWF) verlangen von ihm zusätzliche Sparanstrengungen und Privatisierungen, bevor sie die weitere Tranche von Notkrediten in Höhe von zwölf Milliarden Euro freigeben. Zudem wird ein parteiübergreifendes Bekenntnis von den Griechen verlangt, damit die Reformen und die Konsolidierungen voran kommen. Doch das verweigert die Opposition bislang.
In Brüssel weist man Spekulationen zurück
„Wir haben eine historische Verantwortung, um das Dilemma deutlich zu erkennen“, mahnte EU-Kommissarin Damanakis ihre Landsleute. Ohne eine Einigung mit den Gläubigern sei die Abkehr vom Euro „auf dem Tisch“. Damit sei die größte Leistung Griechenlands nach dem Krieg in Gefahr.
In Brüssel wies man Spekulationen um einen drohenden Euro-Austritt Athens zwar zurück. Darüber habe es in der Eurozone nie eine Diskussion gegeben, wurde ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn im griechischen Rundfunk NET zitiert. Doch haben die EU-Finanzminister Athen erst vor einer Woche ein Sparultimatum gestellt: Ohne neue überzeugende Sparprogramme, und vor allem ohne den Start der angekündigten Privatisierungen, werde es keine Entscheidung über neue Notkredite geben, hatte Rehn gedroht. Auch der IWF will glaubwürdige Zusagen der Griechen, bevor die nächsten Notkredite fließen.
Premier Papandreou bekräftigte am Mittwoch seinen Reformwillen. Nach einem Treffen mit Präsident Karolos Papoulias sprach er sich für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone aus. Auf die Frage, ob er ein Referendum über die von der sozialistischen Regierung geplanten Sparmaßnahmen erwäge, wie in Medienberichten angedeutet worden war, antwortete er aber nicht.
Papandreou wirbt für nationale Zusammenarbeit
Stattdessen betonte er nochmals, wie viel ihm an einer nationalen, parteiübergreifenden Zusammenarbeit liege: „Ich bin völlig offen für jede neue Idee, jeden neuen Vorschlag, der realistisch und effektiv ist.“ Damit wandte er sich fast flehentlich an die Opposition. Bei deren Vertretern war er am Dienstag mit der Werbung für sein Sparprogramm abgeblitzt. Durch Steuererhöhungen und die umgehende Privatisierung von Staatsbetrieben will Papandreou mehr als sechs Milliarden Euro aufbringen und so das Haushaltsdefizit von mehr als 10 Prozent auf 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken.
Die Befürchtung, Griechenland werde seine Zusagen letztlich nicht umsetzen können, schüren die Zweifel an der weiteren Schuldentragfähigkeit des Landes. Seit Wochen sind Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF in Athen, um das Ausmaß der Finanznot und die Umsetzung der Konsolidierung zu überprüfen.
Nach vorläufigen Informationen wird das vor einem Jahr zugesagte Rettungspaket von 110 Milliarden Euro nicht reichen, denn dafür müsste die Regierung schon im kommenden Jahr wieder selbst Geld am Markt aufnehmen - zu derzeit nicht zahlbaren Zinsen. Auch eine von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker ins Spiel gebrachte „sanfte Umschuldung“, die eine freiwillige Verlängerung der Kreditlaufzeiten der privaten Gläubiger vorsieht, würde nach Einschätzung von Experten nicht ausreichen.
Proteste in Athen gegen Spar-Beschlüsse
Angefacht durch Proteste in Spanien sind in der griechischen Hauptstadt Athen rund 15.000 Menschen gegen den Sparkurs der Regierung auf die Straße gegangen. „Raus mit der IWF-Junta“ stand auf Fahnen der Demonstranten, die sich am Mittwoch vor dem Parlament versammelt hatten. Auch in Thessaloniki und Patras gingen Tausende auf die Straße.
Demonstranten gegen die Sparbeschlüsse im ebenfalls hoch verschuldeten Spanien hatten Griechen aufgefordert, „aufzuwachen“ und auf die Straße zu gehen. Tausende hatten vor den Regionalwahlen am Sonntag gegen den Sparkurs der Regierung und die hohe Arbeitslosigkeit protestiert.
Am Montag hatte die Regierung in Athen weitere Sparmaßnahmen in Höhe von sechs Milliarden Euro beschlossen, um das Haushaltsdefizit 2011 auf die mit dem IWF und der EU vereinbarten 7,5 Prozent zu drücken. Zudem sollen zügig Staatsunternehmen oder Staatsbeteiligungen veräußert werden. (dapd/rtr)