Essen.. Die Universität Heidelberg verlangt von der FDP-Spitzenpolitikerin Silvana Koch-Mehrin eine schriftliche Erklärung zu den Plagiatsvorwürfen. Ihr könnte sogar die Entziehung des Doktortitels drohen.
Die Lage für Silvana Koch-Mehrin spitzt sich zu. Die FDP-Politikerin muss sich nun schriftlich zu ihrer in die Schlagzeilen geratenen Doktorarbeit erklären. Vor kurzem erhielt die Vizepräsidentin des Europaparlaments die Aufforderung der Universität Heidelberg, eine Stellungnahme zu den gegen sie erhobenen Plagiatsvorwürfen abzugeben. Koch-Mehrin hatte in Heidelberg promoviert. Ihr Sprecher bestätigte am Dienstag auf Nachfrage, dass die Anweisung eingetroffen ist.
Marietta Fuhrmann-Koch, Sprecherin der Universität, betonte gestern im Gespräch mit dieser Zeitung, dass es sich bei dieser Aufforderung nicht um eine vorweggenommene Bewertung der Prüfungskommission handele. Sie sei normaler Teil des Verfahrens. Aber: „Es würde nicht um eine Stellungnahme gebeten, wenn es keinen Anlass gäbe.“
Der Berliner Tagesspiegel will aus Kreisen der Universität Heidelberg sogar erfahren haben, dass die Universität Heidelberg bereits ein „förmliches Entziehungsverfahren“ eingeleitet habe, um Koch-Mehrin den Doktortitel abzuerkennen. Grund seien mehrere festgestellte Plagiate in ihrer Dissertation zum Fach Wirtschaftsgeschichte, die als erheblicher Regelverstoß gewertet würden. Die Verleihung der Doktorwürde sei damit rechtswidrig gewesen und könne zurückgenommen werden.
Koch-Mehrin hat vier Wochen Zeit
Dazu Marietta Fuhrmann-Koch: „So ein Verfahren gibt es nicht. Die Universität Heidelberg befindet sich nach wie vor im Prüfverfahren der Vorwürfe gegen Dr. Silvana Koch-Mehrin.“ Die Promotionsordnung sehe zunächst ein Anhörungsverfahren beziehungsweise die Möglichkeit einer Stellungnahme von Koch-Mehrin vor, erst danach komme es zu einer abschließenden Bewertung der Plagiatsvorwürfe. „Würden dann gravierende Verstöße festgestellt werden, würde der Doktortitel nach dem Landesgesetz entzogen. Es müsste kein weiteres Verfahren zur Entziehung eingeleitet werden.“
Für ihre Stellungnahme hat die Uni Silvana Koch-Mehrin eine Frist von drei bis vier Wochen gesetzt. Aus ihrem Umfeld heißt es, dass sie diesen Zeitraum auch ausschöpfen werde. „Eine Entscheidung in der Sache werde es nicht vor Ende Mai, Anfang Juni geben“, so Fuhrmann-Koch.
Plagiate an 63 Stellen
Koch-Mehrins Arbeit „Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik“ widmet sich bereits das Internet-Portal VroniPlag Wiki. Die Plagiatsjäger, die unter anderem auch die Doktorarbeit von Veronica Saß, Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), untersuchen, wollen bereits an 63 Stellen des 201 Seiten starken Werkes Plagiate gefunden haben. Somit sollen 31,34 Prozent der Dissertation nicht aus der Feder der FDP-Politikerin stammen. Nach Ansicht von VroniPlag soll Koch-Mehrin bei ihrer Arbeit nicht nur unsauber gearbeitet, sondern bewusst getäuscht haben.
Damit könnte Silvana Koch-Mehrin nach dem ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die zweite politische Spitzenkraft sein, die ihren Doktortitel auf Grund von festgestellten Plagiaten nicht mehr führen darf.