Brüssel..
Der europäischen FDP-Vorzeigefrau Silvana Koch-Mehrin wird vorgeworfen, mehr als ein Viertel ihrer Doktorarbeit abgeschrieben zu haben. Zu den Anschuldigungen schweigt sie beharrlich. Die deutschen Europa-Abgeordneten lästern hinter vorgehaltener Hand.
Eigentlich scheut Silvana Koch-Mehrin die Öffentlichkeit nicht. Doch derzeit macht sich die europäische Vorzeigefrau der FDP, seit 2004 im EU-Parlament, rar. Der studierten Historikerin wird vorgeworfen, bei ihrer Doktor-Arbeit abgekupfert zu haben. Koch-Mehrin sorgt nicht zum ersten Mal für Aufregung. Ihren deutschen FDP-Kollegen kommen die neuen Negativ-Schlagzeilen über ihr Präsidiumsmitglied ungelegen.
Seit Tagen schweigt Koch-Mehrin beharrlich zu dem Vorwurf, sie habe seitenweise abgeschrieben, ohne die Quellen zu nennen. Die Staatsanwaltschaft und die Universität Heidelberg prüfen die Sachlage. Die Universität will ihre Bewertung bis Ende Mai bekanntgeben.
Koch-Mehrin hatte ihre Dissertation „Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik – Die Lateinische Münzunion 1865 – 1927“ vor rund einem Jahrzehnt an der Uni Heidelberg eingereicht. Bisher wurden laut der Internetplattform „VroniPlag Wiki“ auf 55 der 227 Seiten Plagiate gefunden – also auf rund 27 Prozent aller Seiten.
Silvana Koch-Mehrin
Auch in der EU-Hauptstadt Brüssel sind die Plagiats-Beschuldigungen Thema, zumindest bei deutschen Europa-Abgeordneten. „Da redet jeder drüber“, heißt es im EU-Parlament. Wer sich dort umhört, stellt fest, dass viele Koch-Mehrin kritisch sehen. Sie schaffe es anders als andere Parlamentarier, oft in den Medien zu erscheinen – auch mit billiger Stimmungsmache gegen die EU. Kein Koch-Mehrin-Kritiker will seinen Namen in der Zeitung lesen.
Die gebürtige Wuppertalerin schaffte es in den vorigen Jahren nicht nur mit politischen Themen in die Presse. Während ihrer Schwangerschaft ließ sie sich auch mit halb entblößtem Babybauch ablichten. Zudem wehrte sich die mittlerweile dreifache Mutter vehement gegen Vorwürfe, im EU-Parlament weniger durch Mitarbeit als mit Abwesenheit zu glänzen.
Für die deutschen Liberalen kommt die Diskussion zur Unzeit
Nun aber sei Koch-Mehrin öfter im EU-Parlament, heißt es in Brüssel. Das habe womöglich auch damit zu tun, dass sie seit 2009 eine der 14 Vize-Präsidenten des europäischen Abgeordnetenhauses sei. Einer fällt trotzdem ein hartes Urteil: „Sie gehört nicht zu denen, die die Alltagsarbeit im Parlament – Berichte schreiben oder Anträge stellen – wirklich ernst nehmen. Das gilt bis heute.“ Koch-Mehrins Sprecher wollte nichts zu den Vorwürfen sagen.
Für die deutschen Liberalen kommt die Diskussion um ihr Präsidiumsmitglied Koch-Mehrin zur Unzeit: Die FDP arbeitet sich nach Landtagswahl-Schlappen aus ihrer Führungskrise heraus. Sie fürchtet eine Plagiatsaffäre wie die um den mittlerweile abgetretenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Koch-Mehrin gilt als Vertraute des scheidenden FDP-Parteichefs Guido Westerwelle.