Washington. .
Mit den jüngsten Enthüllungen rund um das US-Gefangenenlager Guantànamo, die vor allem bezeugten, wie willkürlich und fragwürdig die Gründe für die jahrelange Inhaftierung Hunderter von Menschen waren, wächst der Druck auf US-Präsident Obama, Guantànamo nicht einfach aussitzen.
Große öffentliche Empörung haben die öffentlich gewordenen Dossiers aus der Zeit von 2002 bis 2009 in den USA aber nicht ausgelöst. Guantànamo brennt Amerika längst nicht mehr so auf den Nägeln wie noch vor zwei Jahren. Das zentrale Problem besteht weiter, dass die USA nicht wissen, wo die Häftlinge unterkommen sollen, wenn das Lager geschlossen werden sollte. Strikt hat der Kongress alle Schritte unterbunden, sie in Haftanstalten auf US-Boden unterzubringen.
Ein Lager für die „Schlimmsten der Schlimmsten“ war Guantànamo in den Augen Obamas Vorgänger George W. Bush. Dass dies in vielen Fällen eine krass überzogene Darstellung war, ergibt sich aus den offiziellen Dokumenten des US-Militärs.
Absurde Logik
Die Einstufung von Häftlingen als „hoch gefährlich“ war oftmals willkürlich. Die Dossiers bezeugen, wie konfus in vielen Fällen das Gestrüpp aus Verdächtigungen, Vermutungen und Denunziationen tatsächlich war. Besonders krass zeigt sich die absurde Logik Guantànamos, die Gefährlichkeit vieler Gefangener zu über-, aber auch zu unterschätzen, im Fall des Libyers Abu bin Qumu. Gut fünf Jahre saß der islamische Fundamentalist, der in Afghanistan geschnappt wurde, in dem Militärlager ein, ehe er 2007 in libysche Haft entlassen und ein Jahr später, im Rahmen einer Amnestie, wieder auf freien Fuß kam.
Heute ist der 51-Jährige mit Kontakten zu Taliban und El Kaida eine Art Alliierter der USA. Beim Besuch in Bengasi lobte US-Senator John McCain Libyens Rebellen als Patrioten und Helden. Als Kommandant im Kampf gegen Gaddafi führt Qumu eine Brigade in Darnah an. Darnah gilt als Hochburg der Fundamentalisten. Allein 52 von 600 Selbstmordattentätern im Irak stammten laut US-Erkenntnissen aus Darnah – so viele wie aus keiner anderen.