Alois Serwaty sammelt Berichte von Menschen, die klinisch tot waren. Er ist überzeugt: Es gibt eine Realität jenseits des Todes.
Der Tod kam vor fast 25 Jahren zu Alois Serwaty bei einer Herz-Katheter-Untersuchung. Sein Herz hörte auf zu schlagen, er hatte das Gefühl über seinem Körper zu schweben, sah ein anziehendes Licht. Erlebnisse, die Ärzte als Halluzinationen abtun wollten. Doch Alois Serwaty, Bataillons-Kommandeur, ging auf seine Aufklärungsmission. Mittlerweile im Ruhestand, beschäftigt sich der 63-Jährige seitdem mit Nahtod-Erfahrungen.
Esoterisches Wortgeklingel ist ihm fremd; alles, was Wissenschaftler zur Aufklärung beitragen können ist willkommen. Beweise gibt es noch nicht, wird es vielleicht nie geben. Aber Zeugenaussagen. Serwaty hat Aktenordner mit Berichten von Menschen, die Ähnliches erlebt haben. Aus allen Altersstufen und Kulturkreisen. Oft können sie Dinge und Vorgänge beschreiben, die sich ereigneten, während sie klinisch tot waren. Kritiker glauben, dass Halluzinationen körpereigene Drogen, Sauerstoffmangel im Gehirn oder Ähnliches die Ursache sind. Doch die Erlebnisse sind für die Betroffenen so real, dass sie das nicht glauben können.
Herr Serwaty, was bedeutet Ihnen Ostern?
Alois Serwaty: Ostern ist zunächst mal ein religiöser Festtag, der aber auch Beziehungen zu meiner Nahtod-Erfahrung hat. Weil in den nachösterlichen Ereignissen etwas Vergleichbares geschieht. Da stirbt jemand und erscheint anderen Menschen – in welcher Form auch immer. Das sind Erfahrungen, die Menschen auch in der Nahtod-Erfahrung machen. Sie begegnen Menschen, die verstorben sind. Sie haben das Gefühl einer realen Begegnung. Nun wäre es stark vereinfacht, wenn man das einfach gleich setzen würde. Aber es gibt Anklänge zu manchem, was in der Bibel geschildert wird, bei den Menschen, die eine Nahtoderfahrung erleben – immerhin rund vier Prozent der Menschen in Deutschland.
Sind Sie durch Ihre Nahtod-Erfahrung ein religiöserer Mensch geworden?
Ach, das weiß ich nicht. Ich will es mal so sagen: Diese religiös-spirituelle Erfahrung hat Fragen bei mir aufgeworfen. Von Hause aus bin ich katholisch, aber ich bin der Kirche entfremdet gewesen. Dann aber kam die Frage: Was ist durch diese Erfahrung mit Dir passiert? Die erste Einschätzung war: Mensch, das hat Vergleichbarkeiten mit vielem, was in der Bibel steht.
Sie haben nach der Nahtod-Erfahrung einen Verein gegründet. Warum ist Ihnen das Thema so wichtig?
Man muss zwei Aspekte unterscheiden. Das eine ist die persönliche Erfahrung und die Entscheidung, wie man diese Erfahrungen deutet. Darüber zu urteilen, steht einem dritten, auch einem Wissenschaftler, nicht zu. Aber ich denke, dass sich diese Erfahrungen der kritischen Reflexion aussetzen müssen. Sind sie zu erklären? Wenn ja, wie? Oder sind sie mit dem Wissen, das wir derzeit haben, nicht zu erklären? Welche Auswirkungen haben sie auf unser Welt- und Menschenbild, auf unser Geistes- und Gottesbild? Wir müssen das Erleben des Menschen und die rationalen Erklärungsansätze zusammenführen.
Welche Erklärungen bieten die Wissenschaftler an?
Wenn man der vorherrschenden Wissenschaft folgt, sagt sie im Wesentlichen: Das sind Halluzinationen. Wenn die Hirnstrukturen nicht funktionieren, dann hat das Erleben, Denken und Fühlen ein Ende. Aus meiner Sicht aber deuten diese Erfahrungen darauf hin, dass es mehr gibt als nur das Materielle, als nur das, was wir mit unserem Alltagsbewusstsein erleben. Es gibt eine Realität, die darüber hinausgeht. Die Erkenntnis, dass es noch eine andere Wirklichkeit gibt, kann man diesen Menschen nicht nehmen. Auf diese andere Wirklichkeit ist man in der Geschichte auch auf anderem Wege gekommen, hier findet sie ihre subjektive Bestätigung.
Was Sie darin bestärkt, ist, dass Sie mit dieser Erfahrung nicht allein sind, sondern viele Menschen ähnliche Erfahrungen machen…
Zunächst einmal sind die Erfahrungen unterschiedlich, keine gleicht der anderen. Aber diese Erfahrungen gibt es auch in anderen Kulturkreisen, sie sind zudem überreligiös, aber kein Beleg für die Richtigkeit einer bestimmten Religion. Dennoch gibt es eine Art anthropologische Konstante, das heißt, dass Menschen in allen Kulturen und Religionen ähnliche Erfahrungen machen.
Was erleben Menschen in einer Nahtod-Erfahrung?
Da ist zum einen die Außerkörper-Erfahrung. Das heißt, der Betreffende hat das Gefühl, dass sein Ich-Bewusstsein, der Kern seines Wesens außerhalb seines Körpers ist. Er hat das Gefühl, dass er schwebt, über dem OP-Tisch, über der Unfallstelle. Das Interessante ist, dass er realitätsgetreue Beobachtungen machen kann, die später verifiziert werden können. Dazu kommt beispielsweise dieses Tunnel-Licht-Erlebnis: Er hat das Gefühl auf ein Licht zuzuschweben, das vor allem eine spirituelle Quelle ist. Es ist ein Gefühl der bedingungslosen Liebe und des Angenommen-Seins und des Angezogen-Werdens. Weitere Erlebnisse sind Begegnungen mit unbekannten Lichtwesen. Es gibt das Element des Lebensrückblicks, das ist nicht wie ein Film, sondern ist oft mit einer ethischen Bewertung verbunden. Er erlebt insbesondere Konfliktsituationen und das, was er da erlebt, gespürt, gedacht hat. Aber nicht nur das, er erfährt auch, was der andere in der Situation erlebt, gespürt, gedacht hat. Das sind Erfahrungen, die wir in unserer Alltagswelt nicht kennen. Deswegen verändern solche Erlebnisse den Menschen.
Sie haben gesagt, dass Menschen nach einer Nahtod-Erfahrung anders leben. Hat sich Ihr Leben verändert?
Vielleicht nicht nach außen. Ich habe deswegen meinen Beruf als Offizier nicht aufgegeben. Aber ich habe begonnen, mir Fragen zu stellen: Welche Bedeutung hat diese Erfahrung für dich? Ich bin jetzt überzeugt, dass es eine Realität gibt, die weit über das hinaus geht, was wir als Wirklichkeit erleben. Und ich bin sicher, dass die Höhen und Tiefen in unserer Biografie, ja der Tod letztlich ein gutes Ende nehmen werden – weil es danach weitergeht. Dies ist der transzendente Erkenntnisgewinn, die „Botschaft“. Und das eigentlich Spektakuläre.
Das heißt, Sie fürchten den Tod heute nicht mehr.
Ob ich den früher gefürchtet habe, weiß ich nicht. Natürlich hat man Angst vor dem Sterben. Aber die Gewissheit, dass mit dem Tod nicht alles aus ist, ist erfreulich. Vor allem, dass es so etwas wie eine Gemeinschaft gibt. Allein weiterzuleben wäre uninteressant, das wäre ja die Hölle. Dass da wieder eine Gemeinschaft ist, in der man mit Menschen weiterlebt, die man liebt, das ist das Tröstliche, Erfreuliche, das wirklich Positive an diesen Nahtod-Erfahrungen.