Havanna. Fidel Castro gehört erstmals seit 46 Jahren nicht mehr zur Führungsspitze der kommunistischen Partei in Kuba. Reformen sind geplant, auch der Erwerb von Privatimmobilien soll in Zukunft möglich sein. Der Sozialismus soll dennoch fortbestehen.

. Der kubanische Staatspräsident Raúl Castro hat am Dienstag offiziell das Amt des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei von seinem Bruder Fidel übernommen. Fidel Castro ist damit erstmals seit der Gründung der Partei vor 46 Jahren nicht in der Führungsspitze vertreten.

Neue Nummer Zwei in der Partei ist der 80-jährige José Ramón Machado, der bereits stellvertretender Staatschef ist. Auch der zweite Stellvertreter ist mit dem 78-jährigen Ramiro Valdés ein Vertreter der alten Garde. Mehrere jüngere Funktionäre und Frauen wurden auf niedrigere Posten innerhalb der Parteihierarchie gesetzt.

Überraschung auf dem Parteitag

Überraschend war auch der langjährige Staatsführer Fidel Castro auf dem Parteitag der Kommunisten erschienen, der am Dienstag zu Ende ging. Von rund 1.000 Delegierten wurde der erkrankte 84-Jährige mit donnerndem Applaus empfangen. Castro war in einem blauen Trainingsanzug und einem karierten Hemd erschienen und wirkte besonders zu Beginn der Veranstaltung müde und angeschlagen.

Bereits am Montag hatte die Kommunistische Partei auf ihrem ersten Parteitag seit 14 Jahren umfassende Reformen beschlossen. Mit mehr als 300 Maßnahmen soll das Land aus der wirtschaftlichen Krise geführt werden. Einige sind bereits seit vergangenem Jahr in Kraft, die übrigen dürften in den kommenden Tagen und Wochen von der Nationalversammlung abgesegnet werden.

Sozialismus soll fortbestehen

Das Staatsfernsehen berichtete ausführlich über das Maßnahmenpaket, mit Einzelheiten hielt es sich jedoch zunächst zurück. Dafür wurde es nicht müde zu betonen, dass mit der Modernisierung des Wirtschaftsmodells keineswegs der Sozialismus zu Grabe getragen werde - vielmehr solle dessen Fortbestand durch den Kurswechsel garantiert werden.

Im Maßnahmenbündel enthalten sind Schritte zur Privatwirtschaft und eine zeitliche Begrenzung für Führungsämter, darunter auch für das des Präsidenten - ein Thema, das unter der fast 50-jährigen Herrschaft der Castro-Brüder als Tabu galt. Ziel sei es, den Weg für jüngere Politiker frei zu machen, erklärte Präsident Raúl Castro, der schon vor einigen Jahren die Staatsführung von seinem Bruder Fidel übernommen hatte.

Rationierungen sollen aufgehoben werden

Offenbar ist auch eine lange geforderte Maßnahme gebilligt worden, die es kubanischen Staatsangehörigen erlaubt, Privatimmobilien zu kaufen und zu verkaufen. Bislang war das nur unter strengen Auflagen möglich.

Zudem soll die Kreditvergabe für Unternehmensgründer erleichtert und damit de facto das doppelte Währungssystem abgeschafft werden, wonach die Beschäftigten in kubanischen Pesos bezahlt werden, viele Güter aber nur mit einem an den Dollar gebundenen Peso erworben werden können.

Diskutiert wurde auch die Abschaffung des monatlichen Bezugsbüchleins für Lebensmittel. Raúl Castro hatte in der Vergangenheit wiederholt erklärt, dass die Rationierung untragbar sei. Sie liefere den Menschen keinen Anreiz, einer Arbeit nachzugehen. (dapd)