Berlin. . Der als neuer FDP-Chef gehandelte Bundesgesundheitsminister Rösler fordert einen Kurswechsel seiner Partei, sie solle die „Lebenwirklichkeit der Menschen“ in den Blick nehmen. NRW-FDP-Chef Bahr mahnt eine rasche Entscheidung zur künftigen Parteiführung an.

In der FDP ist der Druck auf Parteichef Guido Westerwelle weiter gewachsen, nach den Wahlschlappen der letzten Wochen einen Neuanfang einzuleiten. Der Außenminister kehrte am frühen Sonntagmorgen von seiner Asienreise zurück. Erste Entscheidungen werden von der Präsidiumssitzung am Montag erwartet. Führende FDP-Politiker forderten am Wochenende für eine Kursänderung aus. Der hessische Landesverband drohte Westerwelle sogar mit einem vorgezogenen Bundesparteitag, sollte er am Montag nicht den Rückzug einleiten.

Das Auswärtige Amt bestätigte die Rückkehr Westerwelles. Offizielle Termine habe er am Sonntag nicht, sagte ein Sprecher. Beobachter erwarten allerdings, dass es Gespräche innerhalb der Parteiführung vor den Gremiensitzungen am Montag geben wird.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler forderte von seiner Partei eine Kursänderung. „Wir müssen uns wieder mehr um die Lebenswirklichkeit der Menschen kümmern“, sagte der Parteichef des FDP-Landesverbandes Niedersachsen der „Bild am Sonntag“ (Onlineausgabe). Die FDP müsse die verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. „Daran müssen wir gemeinsam zum Wohl der Partei arbeiten“, sagte er.

Bahr für geordneten Prozess

Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Daniel Bahr sagte dem Blatt: „Am Montag tagt die Führung. Da erwartet die Partei einen geordneten Prozess.“ Die Partei werde es nicht akzeptieren, wenn sich Montag nichts ändere.

FDP-Fraktionsvize Patrick Döring mahnte zu schnellem Handeln. „Für die FDP stellt sich jetzt nicht mehr die Frage, ob, sondern welche inhaltlichen und personellen Konsequenzen gezogen werden müssen“, schrieb Döring für den Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“. Ein personeller Wechsel allein genüge aber nicht, um das Vertrauen der Wähler in die FDP wieder herzustellen. „Die Wähler - aber auch wir selbst - müssen wieder ein klares Bild davon haben, wo die Liberalen stehen, was ihre Positionen sind, auf welche inhaltliche Linie man bei ihnen vertrauen kann“, forderte Döring. „Wer im Moment der Krise allzu schnell und beliebig Positionen wechselt, von dem weiß am Ende niemand mehr zu sagen, wo er wirklich steht.“ Die Antwort auf die gegenwärtige Krise dürfe kein „pragmatischer Opportunismus sein“.

Hessens FDP will „alle Hebel in Bewegung setzen“

Die hessische FDP ging noch weiter. „Ich gehe davon aus, dass Guido Westerwelle an diesem Montag mit persönlichen Konsequenzen den Weg zu einer raschen inhaltlichen und personellen Neuaufstellung freimacht“, sagte der hessische FDP-Fraktionschef Florian Rentsch der „Leipziger Volkszeitung“ (Montagausgabe). „Sollte er dazu nicht bereit sein, dann werden wir alle Hebel in Bewegung setzen, um den für Mitte Mai geplanten Bundesparteitag deutlich vorzuziehen.“ Die FDP könne sich nicht noch sechs Wochen selbstzerstörerische Debatten leisten.

Rentsch sagte, eine neue FDP-Führung müsse die Partei mit Überzeugungen und neuen inhaltlichen Aspekten wieder attraktiv machen. „Sympathie ist dabei wichtig, genauso Respekt und Achtung vor unseren Positionen“, sagte Rentsch. Entscheidend sei jedoch das Signal des Neuanfangs. „Guido Westerwelle genießt leider nicht mehr das Vertrauen bei den Bürgern und bei vielen Parteimitgliedern“, sagte Rentsch.

Umfrage sieht Westerwelle auch als Minister auf der Kippe

Bundesaußenminister Guido Westerwelle wird nach Einschätzung der Mehrheit der Deutschen nicht bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben. In einer repräsentativen Umfrage von TNS Emnid im Auftrag des Nachrichtenmagazins „Focus“ rechnen 56 Prozent damit, dass der derzeit stark geschwächte FDP-Vorsitzende sein Regierungsamt vor der Bundestagswahl 2013 verliert. 39 Prozent glauben, dass er bleibt, wie der „Focus“ am Sonntag mitteilte.

Dagegen erwarten 78 Prozent der Befragten, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bis 2013 Regierungschefin bleibt. Nur 20 Prozent rechnen mit ihrem Scheitern. (dapd/rtr)