Berlin.. In der FDP zeichnet sich ab, dass Guido Westerwelle vorläufig Außenminister bleibt, auf massiven Druck aus den eigenen Reihen aber nach zehn Jahren den Parteivorsitz in jüngere Hände legt. Das soll der Partei einen Neustart ermöglichen.

In der FDP zeichnet sich ab, dass Guido Westerwelle Außenminister bleibt, auf massiven Druck aus den eigenen Reihen aber nach zehn Jahren den Parteivorsitz in jüngere Hände legt. Nach Informationen dieser Zeitung aus FDP-Führungskreisen wäre diese Ämtertrennung „ein geeignetes Fundament“, um der nach den Wahlniederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland am Boden liegenden Partei „so schnell wie möglich einen Neustart zu ermöglichen“.

Es wird erwartet, dass Westerwelle dem Modell am Montag zustimmt. Dann fällt im Parteipräsidium die Vorentscheidung über die neue Führungsmannschaft, die sich im Mai auf dem Bundesparteitag in Rostock zur Wahl stellt. Aussichtsreichste Nachfolge-Kandidaten sind Generalsekretär Christian Lindner und Gesundheitsminister Philipp Rösler. Justiz-Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger werden nur Außenseiter-Chancen eingeräumt.

Am Stuhl wird gesägt

Im politischen Nahkampf, sagen seine Weggefährten, ist Guido Westerwelle schwer zu schlagen. Diesmal aber muss der in den eigenen Reihen in Ungnade gefallene FDP-Vorsitzende im 7500 Kilometer entfernten China mitansehen, wie daheim mit wachsender Entschlossenheit an seinem Stuhl gesägt wird.

Nahezu stündlich erfährt der Außenminister auf seiner Dienstreise in Fernost, wer noch in den Kreis derer vorgestoßen ist, die den 49-jährigen mittels Interview-Ratschlägen aus dem Amt reden wollen. Zuletzt zeigten auch langjährige Vertraute wie Fraktionschefin Birgit Homburger und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dem Chef die Rote Karte: „Keiner sollte an seinem Posten kleben“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Bei Wählern in Misskredit

In dutzenden Krisentelefonaten sondiert der in Umfragen zum Hauptschuldigen für die FDP-Misere stilisierte Chef-Diplomat bis zu seiner Rückkehr nach Berlin am Sonntagmorgen die Gefechtslage. Tags drauf soll im Präsidium bereits vorentschieden werden, mit welcher Mannschaft die FDP im Mai in Rostock die Aufholjagd um die Gunst der Wähler starten soll. „Der öffentlich Druck lässt keinen Aufschub mehr zu“, sagte ein Vorstandsmitglied DerWesten, „unsere Handlungsfähigkeit als Regierungspartei zerbröselt von Tag zu Tag mehr.“ Was die Zahlen belegen.

Laut ZDF-Politbarometer gerät die FDP insgesamt immer tiefer in Misskredit. 79 % der Deutschen halten die Liberalen inzwischen für unglaubwürdig. Zum Vergleich: Die Grünen schneiden in Sachen Glaubwürdigkeit mit 62 % am besten ab. Apropos: Westerwelle wird, davon gehen Eingeweihte inzwischen aus, die „Ämtertrennung abnicken, um das Außenamt zu retten“. Seine Argumentationslinie müsste er dann radikal ändern.

Bei früheren Attacken aus den eigenen Reihen hatte er stets betont, er könne in der schwarz-gelben Regierungskoalition mit Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer nur dann kraftvoll FDP-Positionen auf Augenhöhe verhandeln, wenn er Außenminister und Parteichef bleibe. Dass es auch anders geht, bewies sein Ziehvater und Vorbild. Hans-Dietrich Genscher verabschiedete sich 1985 vom Parteivorsitz. Als Außenminister prägte er noch siebe Jahre lang danach die bundesrepublikanische Politik.