Essen. . Den letzten Tag der närrischen Zeit nutzen Politiker wie jedes Jahr, um sich ordentlich Luft zu machen. Den Startschuss gab CSU-Chef Horst Seehofer in Passau.

Mit reichlich Bier gestärkt entert CSU-Chef Horst Seehofer zum Ende der Karnevalszeit die Redner-Bühne. Jahr für Jahr versuchen Politiker beim politischen Aschermittwoch zu beweisen, dass sie auch lustig können. Und so schwingt sich auch der CSU-Chef um 11 Uhr in die Bütt, eine mit Spannung erwartete Rede.

Seehofer lobt den neuen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, der von Anfang an klargemacht habe, was das deutsche Leitbild sei. Eine Anspielung auf dessen umstrittene Äußerung zum Amtsantritt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. „Wir lassen uns die deutsche Leitkultur mit christlicher Prägung von niemandem ausreden“, so Seehofer. „Denn wir verraten unsere Gründerväter nicht.“ Bayern könne Integration besser als andere Länder: Man wisse, wovon man rede. „Wer auf Dauer bei uns Leben will, muss sich zu unserer Werteordnung bekennen und zu allererst die deutsche Sprache lernen.“ Ironische Kommentare zum türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan werden vom Publikum mit Buh-Rufen kommentiert. Richtig lustig ist das nicht.

Weiter geht es mit dem unsortierten Abwatschen quer durch alle Parteien und Themen. Auch Guido Westerwelle bekommt sein Fett weg: „Mittlerweile freue ich mich, dass er lieber bei Horsti in Bayern ist als bei Mutti in Berlin.“ Er sei im harmonischen Streit mit der FDP, denn man müsse auch Mitleid haben. „Wenn man Kubicki als Parteifreund hat, dann sind die Taliban ein Männergesangsverein.“

Buh-Rufe auch für Renate Künast und Jürgen Trittin, denen Seehofer „nicht Eitelkeit, sondern Tapferkeit“ beim Blick in den Spiegel attestiert. Wichtiger ist ihm offenbar die Kritik an deren Verhandlungsbereitschaft zum Thema Hartz IV: „Das sind die Grünen - immer wenn’s drauf ankommt, Flucht aus der Verantwortung.“

Guttenberg „zurück in die Politik“?

Und auch wenn es im Straßenkarneval noch so sehr das Hauptthema war - zur Plagiatsaffäre von Karl-Theodor zu Guttenberg hört man von Horst Seehofer wenig. Er sagte lediglich, er wolle „alles dafür tun, damit Karl-Theodor zu Guttenberg wieder zurück in die Politik“ komme. Seehofer: „Du bist einer von uns, Du bleibst einer von uns - und wir wollen, dass Du wieder zurückkehrst in die deutsche Politik.“ Der ehemalige Verteidigungsminister selbst spricht nicht.

Deutlicher wird Alexander Dobrindt, der die Grünen wegen ihrer Kritik an Karl-Theodor zu Guttenberg scharf angreift. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sei „der größte Störfall der deutschen Politik“, sagt der CSU-Generalsekretär. „Die Grünen sollen ihn endlich vom Netz nehmen - Trittin abschalten.“ Die CSU wolle sich nicht vorschreiben lassen, wie Politik geführt werde.

SPD schießt zurück

Seehofers Gegenspieler Florian Pronold, der bayerische SPD-Chef schießt scharf zurück: Er wirft der CSU beim Politischen Aschermittwoch „Selbstbedienung“ und „Unfähigkeit“ vor. Die Partei stehe „für Chaos“, wetterte Pronold im niederbayerischen Vilshofen. Ministerpräsident Horst Seehofer sei ein „politischer Geisterfahrer“ und „Lügenbaron“, der es schaffe, „auf der Autobahn zu wenden“, unter anderem bei den Themen Nichtraucherschutz und Gentechnik.

Auch an Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ Pronold kein gutes Haar, weil sie Karl-Theodor zu Guttenberg in der Plagiatsaffäre den Rücken gestärkt habe: „Liebe Frau Merkel, ich rufe Ihnen zu: Reden Sie in Zukunft über alles, aber reden Sie nicht über Anstand, Moral und Werte. Denn davon haben sie keine Ahnung.“

Steinmeier watscht CSU ab

Ohne Kritik am zurückgetretenen Verteidigungsminister kommt die Rede von Frank-Walter Steinmeier selbstverständlich nicht aus. Was zunächst mit jeder Menge Eigenlob, Lob über den Erfolg der SPD in Hamburg beginnt, wendet sich schnell der Bundespolitik zu. Die Regierung bezeichnet Steinmeier als „Thekenmannschaft, die einfach nur noch peinlich ist“. Und der Seitenhieb auf Guttenberg und die CSU: „Früher hieß das Laptop und Lederhose - heute heißt das copy und paste. Und das soll in Ordnung sein?“

Bundesaußenminister Guido Westerwelle wendet sich der Weltpolitik zu. Fast sentimental schildert er seine Erlebnisse in Ägypten. Dort hätten die Menschen ihm aus der Menge zugerufen: „Es lebe Ägypten, es lebe Deutschland!“ Deutschland werde bewundert, weil es als zuverlässig eingeschätzt werde: „Auf uns kann man sich verlassen. Das muss auch für unsere Politik gelten.“ In seiner Rede ist kein Platz für karnevalistische Witze oder Frotzeleien. Guido Westerwelle bleibt sachlich: „Das beste Rezept gegen politischen Extremismus, links wie rechts, ist gute Bildungspolitik.“ Die Stabilität eines Landes hänge nicht von der Stabilität einer autokratischen Regierung ab (wie man in Ägypten und Libyen sehe), sondern von der Stabilität der Gesellschaft.

Weit schärfer geht Westerwelle mit den Kritikern der FDP ins Gericht. „Wer Mittelstandspolitik als Klientelpolitik diffamiert, der hat nicht verstanden wo Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze entstehen“, betont der Parteivorsitzende.

Roth kritisiert neuen Innenminister

Was der CSU-Generalsekretär Dobrindt kann, kann die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth schon lange: Sie gibt eine deftige Antwort und nennt die CSU „bemerkenswert wertelos“. Auf der Kundgebung der bayerischen Grünen zum Politischen Aschermittwoch in Landshut sagt Roth, das Festhalten der CSU-Oberen an Karl-Theodor zu Guttenberg habe gezeigt, dass für die Partei der Machterhalt alle Mittel heilige. Das vom CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer beschworene „Wertefundament“ der Union gebe es „schon lange nicht mehr“.

Scharf kritisiert Roth auch den neuen CSU-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Friedrich und die CSU hätten die einfache christliche Grundregel der Nächstenliebe nicht verstanden, wenn sie ihre Nächsten in Person von Migranten zum Sündenbock machten. Die Wahl eines CSU-Innenministers, der ausgrenze und spalte sei „gefährlich“ und tauge nicht für Deutschland. (mit Material von dapd)