Essen. . KTG und kein Ende. Auch nach dem Rücktritt beherrscht Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg das politische Feuilleton. Dort wird geraunt, die Bundeskanzlerin habe ihren Minister letztlich fallengelassen. Eine haltlose Verschwörungstheorie? Oder doch mehr? Ein subjektiver Rückblick.

KTG und kein Ende. Auch nach dem Rücktritt be­herrscht Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg das politische Feuilleton. Dort wird geraunt, die Bundeskanzlerin habe ihren Mi­nister letztlich fallengelassen. Eine haltlose Verschwörungstheorie? Oder doch mehr? Ein subjektiver Rückblick.

Für einen angeschlagenen Politiker wird es immer dann eng, wenn die eigenen Reihen nicht mehr geschlossen hinter ihm stehen. Für den Minister zu Guttenberg ist es am 25. Februar so weit.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ist be­kannt als Freund klarer Worte, der auch die eigene Partei nicht verschont. Bisher hatte Lammert zur Causa Guttenberg geschwiegen, an diesem Freitag macht eine Meldung die Runde: Hinter verschlossenen Türen habe Lammert gestichelt, die Affäre Guttenberg sei ein „Sargnagel für das Vertrauen in unsere Demokratie“. Lammert lässt nicht de­mentieren.

Schavan "schämte" sich für Guttenberg

Drei Tage später. Die christdemokratische Bundesbildungsministerin An­nette Schavan sagt in einem Zeitungsinterview, dass sie sich für den Kabinettskollegen Gut­tenberg „schämt“. Guttenberg muss jetzt klar sein, dass er sich nicht mehr wird halten können.

Ist der doppelte Einschlag eine abgestimmte Aktion zwischen Lammert und Schavan gegen Guttenberg, den umtriebigen, aber ungeliebten CSU-Mann? Hatten beide womöglich das Okay Angela Merkels, die einen lästigen potenziellen Konkurrenten um den Chefposten im Kanzleramt loswerden wollte? „Merkel hat bestimmt nicht übersehen, dass der Baron sich frei gemacht und die Voraussetzungen für den Kampf ums Kanzleramt ge­schaffen“ hatte, folgert jedenfalls die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung .

Guttenberg ist am Ende. Am Dienstag tritt er – blass und sichtlich angeschlagen – vor die Presse, um seinen Rücktritt zu verkünden. Er habe die Kanzlerin „in einem sehr freundlichen Gespräch“ informiert, dass er sich zurückziehen werde. Er dankt „besonders der Frau Bundeskanzlerin“ für deren Vertrauen und Unterstützung. Ehrlicher Dank oder bitterer Hohn? Das „Gespräch“ mit Merkel jedenfalls sah wohl etwas anders aus.

Merkel nach dem Rücktritt: Mission erfüllt

Angela Merkel hat an diesem Dienstag einen Termin bei der Computermesse in Hannover. Die Minister Brüderle und Schavan sind auch da. Al­le Kameras sind auf die Kanzlerin gerichtet, als sie ihr Handy zückt. Eine SMS. Sie liest, quittiert die Botschaft mit süffisantem Lächeln. So kann man es jedenfalls interpretieren. Dann zeigt sie die Nachricht Annette Schavan, die ne­ben ihr steht. Auch über deren Gesicht huscht ein Lächeln. Die beiden Damen sehen sich in die Augen: Mission erfüllt. Wer will, kann das so lesen.

Später am Dienstag. Merkel ist wieder in Berlin. In ihrer offiziellen Stellungnahme zum Rücktritt ihres Ministers vor der versammelten Hauptstadtpresse würdigt sie Karl-Theodor zu Guttenberg als politische Begabung, der die Herzen vieler Menschen erreicht habe. Über einen Nachfolger werde man beizeiten entscheiden.

Die Kanzlerin wirkt kühl, ihr Lob geschäftsmäßig. Tags da­rauf wird sie Thomas de Maizière als neuen Minister präsentieren. Dessen erste Amtshandlung: Er bremst bei Guttenbergs Wehrreform.

Die CSU ist sauer - nicht auf Guttenberg, sondern auf die Schwesterpartei

Die CSU ist sauer. Nicht auf Plagiator Guttenberg, sondern auf die CDU. Parteichef Seehofer knöpft sich Lammert und Schavan vor: „Das war nicht solidarisch. Zum Selbstverständnis der Union sollte ge­hören, dass man den eigenen Leuten beisteht, ihnen nicht öffentlich in den Rücken fällt.“ Darüber werde noch zu reden sein. Doch ist auch klar: Mit dem Ab­gang Guttenbergs ist Seehofer den einzigen los, der ihm als CSU-Chef hätte gefährlich werden können.

Hat Angela Merkel die Plagiat-Affäre tatsächlich genutzt, um einen lästigen Konkurrenten aus den eigenen Reihen gezielt abzuschütteln, könnte der Preis dafür hoch sein. Setzt sich diese Lesart in den Köpfen der Leute fest, stünde sie womöglich als Königsmörderin da. Die Guttenberg-Manie in der Republik hält an, viele fordern schon jetzt sein Comeback. Vielleicht erliegt der Freiherr der Versuchung und gründet eine eigene Partei. Noch gefährlicher allerdings wäre er für Angela Merkel, gelänge ihm der erneute Aufstieg in der Union. Denn Rache ist süß.