Kairo. . Die Arabische Liga führt Verhandlungen über einen Friedensplan für Libyen - und zwar mit Hilfe von Venezuelas Präsident Hugo Chavez. Da die blutigen Unruhen in Libyen derweil weitergehen, befürchten die USA Zustände wie in einem „gigantischen Somalia“.

Die Arabische Liga führt Verhandlungen über einen Friedensplan für Libyen. Das bestätigte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Über den von Venezuelas Präsident Hugo Chavez vorgeschlagenen Plan sei aber noch keine Einigung erzielt worden, sagte Mussa. Zuvor hatte der Fernsehsender Al-Dschasira berichtet, der libysche Machthaber Muammar Gaddafi und sein Verbündeter Chavez hätten sich bereits auf den Plan für ein Ende der Gewalt in dem nordafrikanischen Land verständigt.

Mussa sagte, die Liga sei über den Plan informiert worden und am Mittwoch habe man mit mehreren Ländern darüber beraten. Ob und wann es eine Frist für die Beratungen gebe, sagte er nicht. Al-Dschasira zufolge soll eine Delegation aus Lateinamerika, Europa und dem Nahen Osten versuchen, eine Annäherung zwischen Gaddafi und den libyschen Aufständischen auf dem Verhandlungswege herbeizuführen. Vom Auswärtigen Amt in Berlin war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Die Berichte über den Friedensplan sorgten am Ölmarkt für Entspannung: Der Ölpreis gab deutlich nach. Die führende Nordseesorte Brent verbilligte sich um drei Dollar je Barrel auf 113,35 Dollar. Die Krise im wichtigen Ölexportland Libyen hat am Markt die Angst vor einem großen Schock ausgelöst und den Preis nach oben getrieben.

Clinton befürchtet „gigantisches Somalia“

Die Unruhen in Libyen gehen bereits in die dritte Woche. Die USA befürchten bereits Zustände wie im krisengeschüttelten Somalia. „Eine unserer größten Sorgen ist, dass Libyen im Chaos versinkt und zu einem gigantischen Somalia wird“, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton am Mittwoch (Ortszeit) vor einem Ausschuss des Senats. Sie verwies in dem Zusammenhang darauf, dass zahlreiche in Afghanistan oder im Irak kämpfende Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida aus Libyen stammten.

In Somalia herrscht seit dem Sturz von Machthaber Siad Barre 1991 Bürgerkrieg. Die schwache Übergangsregierung hält sich nur mit Mühe an der Macht und kontrolliert lediglich einen kleinen Teil von Mogadischu. Große Gebiete der Hauptstadt sowie des Südens und des Zentrums des Landes sind in der Hand der radikalislamischen Shebab-Miliz.

Zahl der Libyen-Flüchtlinge steigt

Da ein Ende der Unruhe bisher nicht absehbar sind, flüchten weiter zehntausende Menschen aus Libyen. Die Zahl der Flüchtlinge hat nach UN-Angaben mittlerweile die Marke von 180.000 überschritten. Allein 77.320 Menschen hätten die Grenze von Libyen nach Ägypten überschritten, sagte die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks, Melissa Fleming, der Nachrichtenagentur AP in Genf. Etwa dieselbe Zahl Menschen sei nach Tunesien geflüchtet, 30.000 weitere warteten an der Grenze.

„Viele, viele verängstigte Flüchtlinge“, zumeist Ägypter und Tunesier, harrten in der Hauptstadt Tripolis aus, sagte Fleming. Sie hätten Angst, im Fall einer Flucht von Truppen des Machthabers Muammar al Gaddafi ins Visier genommen zu werden. Der mache sie als Anstifter für die Aufstände verantwortlich, nachdem Proteste in Tunesien und Ägypten die dortigen Machthaber vertrieben haben.

Unterdessen laufen die Hilfsbemühungen an. Die US-Botschafterin in Genf, Betty King, versprach US-Hilfe in Höhe von 12 Millionen Dollar (8,7 Millionen Euro) für die Evakuierung der Flüchtlinge. Die UN stellten fünf Millionen Dollar aus ihrem Nothilfetopf für Hilfsmaßnahmen bereit. Spaniens Ministerpräsident Jose Luis Zapatero sagte während eines Tunesienbesuchs am Mittwoch, sein Land habe 30 Tonnen an humanitärer Hilfe an die tunesisch-libysche Grenze entsandt und ein zweites Flugzeug stehe bereit.

80 Tonnen energiereiche Kekse als Soforthilfe

Abeer Etefa, Sprecherin des Welternährungsprogramms, sagte, ihre Organisation habe Hilfsmaßnahmen im Umfang von 38,7 Millionen Dollar auf den Weg gebracht, um hungernden Menschen in Libyen, Tunesien und Ägypten über die kommenden drei Monate hinweg zu helfen. Die erste Lieferung von insgesamt 80 Tonnen energiereicher Kekse sei bereits am Montag eingetroffen. Außerdem seien Weizen- und Mehllieferungen auf dem Weg nach Tunesien und Bengasi.

Die Organisation der Islamischen Konferenz, der 57 Staaten angehören, kündigte den Aufbau von zwei Feldlazaretten an, die bei der medizinischen Versorgung der Flüchtlinge helfen sollen.

Unterdessen begannen andere Nationen mit dem Abtransport der Flüchtlinge aus den Auffanggebieten an der Grenze. Der britische Premierminister David Cameron gab bekannt, dass Großbritannien am Mittwoch mit der Einrichtung einer Luftbrücke begonnen habe, mit der bis zu 8.800 Flüchtlinge von der tunesischen Insel Djerba nach Kairo geflogen werden sollen.

Die ägyptischen Streitkräfte entsandten zwei Schiffe nach Tunesien, um dort gestrandete Landsleute abzuholen. Der ägyptische Botschafter Mohamed Abdel Hakam sagte, mehr als 103.000 Ägypter seien seit Beginn der Unruhen per Flugzeug oder über Land nach Ägypten zurückgekehrt. Außerdem hätten 20.000 Ausländer in Ägypten Zuflucht gesucht. (dapd)