Berlin. .
Heroin ist die Droge Nummer eins nach Cannabis in der Bundesrepublik. Damit steht Deutschland beim weltweiten Konsum ganz oben. Das ist das Ergebnis des aktuellen Weltdrogenberichts.
Der aktuelle Weltdrogenbericht, der am Mittwoch, 2. März, in Berlin vorgestellt wurde, zeigt: Ein Drittel des weltweit konsumierten Heroins spritzen sich die Deutschen, gemeinsam mit den Italienern, Engländern und Franzosen. Während der Cannabiskonsum stabil ist, scheint Kokain wieder auf dem Vormarsch zu sein und hat in Westeuropa mittlerweile Amphetamine und Ecstasy vom Markt verdrängt.
Rausch auf Rezept
Trauriger Spitzenreiter sind wir auch auf einem anderen Markt: In keinem anderen europäischen Land werden so viele Schmerzmittel geschluckt wie bei uns. „Der Missbrauch von Schmerz- und Beruhigungsmitteln übersteigt den Missbrauch illegaler Drogen“, sagt Carola Lander, Vize-Präsidentin des Internationalen Suchtstoffkontrollrats (INCB).
Eine Pille hier, eine Kapsel da – alles auf Rezept. „Mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung haben keinen oder nur ungenügenden Zugang zu Schmerzmitteln. Und bei uns wird viel zu viel verschrieben“, so Lander. Hinzu kämen Diebstähle und Apotheker, die auch mal ohne Rezept ein Auge zudrücken. Der Missbrauch ist schwer zu beweisen, aber es ist kaum vorstellbar, dass wir all die Tabletten wirklich brauchen. Das würde nämlich heißen, dass wir doppelt so oft krank wären wie die Niederländer oder die Spanier, sogar fast fünf mal so krank wie die Briten.
Designerdrogen selber panschen
Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker – und was man von dem nicht bekommt, panscht man sich einfach schnell selbst zusammen. Die Produktion von so genannten Designerdrogen sei mittlerweile außer Kontrolle geraten. „Genaue Anweisungen für die Herstellung von Designerdrogen werden häufig über das Internet verbreitet“, so der INCB. Um Kontrollen zu umgehen, werden einzelne Substanzen leicht verändert, der Rausch aber bleibt ähnlich. In Europa sind derzeit 15 solcher Designerdrogen im Visier der Behörden. Unter staatlicher Kontrolle stehen sie noch nicht.
Doch auch ohne die Tiefen des weltweiten Netzes kämpfen die Behörden an allen Fronten gegen den Drogenhandel. Heroin kommt aus Afghanistan nach Europa, unser Kokain beziehen wir hauptsächlich aus Kolumbien, Cannabis aus Marokko, Kanada hat sich auf synthetische Drogen wie Ecstasy spezialisiert und Indien vertreibt psychotrope Substanzen über illegale Versandapotheken.
Die internationale Korruption macht’s möglich. In vielen Ländern sind die Drogenkartelle sogar mächtiger als die Regierungen. „Sie verfügen über nahezu unbegrenzte Geldmittel, Waffen und große Brutalität“, sagt Lander. „Korruption ist nicht das Problem einzelner Länder, sondern allgegenwärtig. Ihr muss weltweit gezielter das Handwerk gelegt werden.“
Opiumpreis hat sich verdreifacht
Überall boomt das Geschäft. In Afrika und den USA steigt der Drogenkonsum insgesamt – nur Kokain scheint in Amerika unbeliebter zu werden. Dafür verbreitet sich Kokain jetzt in Europa. Die Asiaten haben den Handel und Konsum synthetischer Drogen für sich entdeckt. In der Karibik übersteigt der Verkaufswert aller Drogen, die durch die Region geschleust werden, sogar den Wert der legalen Wirtschaft. Der Opiumpreis hat sich nach einem Pilzbefall der afghanischen Schlafmohnfelder fast verdreifacht, so dass in diesem Jahr noch mehr Bauern ein lukratives Geschäft wittern könnten.
Die Drogenkartelle scheffeln Geld, ohne Rücksicht auf Verluste – das ist die traurige Botschaft des Weltdrogenberichts. Seit 2006 sind dem mexikanischen Drogenkrieg 28 000 Menschen zum Opfer gefallen. In den USA verdoppelte sich die Anzahl der Drogentoten von 1999 bis 2007 auf über 38 000. Und in Osteuropa sind Heroinspritzen die Ursache von über der Hälfte der neu diagnostizierten HIV-Infizierungen.