Berlin.

Thomas de Maizière wird neuer Bundesverteidigungsminister. Mit ihm hat Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Politiker in das Amt berufen, der für Sicherheit und Verlässlichkeit steht. So schillernd wie Guttenberg ist de Maizière allerdings nicht.

Einen krasseren Gegenentwurf zum Typ des entzauberten Medien-Selbstdarstellers Karl-Theodor zu Guttenberg hätte Kanzlerin Angela Merkel kaum finden können. An die Spitze des Verteidigungsministeriums rückt mit Thomas de Maizière ein 57-jähriger Jurist, der das Rampenlicht nie gesucht hat. Der gebürtige Bonner, dessen Vater Ende der 60er Jahre als Generalinspekteur oberster Soldat der noch jungen Bundeswehr war, galt stets als Strippenzieher, der im Hintergrund arbeitet. Doch Merkels langjähriger Vertrauter ist zu einer Allzweckwaffe geworden, die stets auch für das Finanzministerium im Gespräch war. Von de Maizière kann sie erhoffen, dass mit Bundeswehrreform und Afghanistanseinsatz weniger Guttenberg und Glamour verbunden werden als Sachlichkeit und Zurückhaltung.

Maizière fühlt sich im Hintergrund wohl

Im Vergleich zum schillernden Politpromi Guttenberg erscheint de Maizière zwar farblos. Medienpräsenz und Umfragewerte galten ihm aber nie viel. Als Krisenmanager der zerstrittenen CDU/SPD-Koalition in Mecklenburg-Vorpommern Anfang der 90er Jahre sagte er vor Journalisten in Schwerin: Wenn man von ihm nichts mitbekomme, sei er gut.

Im politischen Geschäft ist de Maizière ein alter Hase. Schon als 17-Jähriger trat er der CDU bei, fing in den frühen 80er Jahren als Mitarbeiter beim Regierenden Bürgermeister von Berlin, Richard von Weizsäcker, und dessen Nachfolger Eberhard Diepgen an. Er beriet die letzte DDR-Regierung unter seinem Cousin Lothar de Maizière. In dieser Zeit lernte er die Vize-Regierungssprecherin Angela Merkel kennen.

Ab 1990 begann de Maizière seinen Weg durch ostdeutsche Landesregierungen - als Kultusstaatssekretär und später Leiter der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern. Später wurde er Chef der sächsischen Staatskanzlei unter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. In Sachsen bekleidete er mehrere Ministerämter: Finanzen, dann Justiz, schließlich das Innenressort.

In die Bundespolitik holte ihn Merkel, als sie 2005 zur Kanzlerin der großen Koalition aufstieg. De Maizière übernahm die Schlüsselfunktion des Kanzleramtschefs. Vornehmste Aufgabe war es, die Regierungsmaschinerie möglichst geräuschlos und konfliktlösend zu steuern. Viel von sich reden machte er nicht - was als Ausweis seines Erfolges als Manager zwischen den widerstreitenden Interessen der Koalition verbucht wurde.

Paukenschlag im November mit Terrorwarnung

Vier Jahre lang war de Maizière bis zur Bundestagswahl 2009 die rechte Hand der Kanzlerin und strebte dann in ein eigenes Ressort. In den Koalitionsverhandlungen mit der FDP führte er noch die Verhandlungen zur Finanzpolitik, bekam mit dem Innenressort aber seine Wunschoption. Auch als Nachfolger von Innenminister Wolfgang Schäuble blieb er seinem Stil treu: Er schlug eher leise Töne an, fuhr in der Sicherheitspolitik einen weniger harten und weniger umstrittenen Kurs als Schäuble. Er beharrte nicht auf Prestigevorhaben wie dem weder mit SPD noch mit FDP durchsetzbaren Bundeswehreinsatz im Innern. Für Aufsehen sorgte er, als er sich für die Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen in Deutschland einsetzte und damit auf massiven Widerstand bei den Landesinnenministern stieß.

Aus der Rolle fiel de Maizière nur kurzzeitig. Im März 2010 kritisierte er: „In der Koalition wird zu viel herumgequatscht und zu wenig konstruktiv miteinander gearbeitet.“ Und seine öffentliche Warnung im November vor einem Terroranschlag in Deutschland wirkte angesichts seiner sonst üblichen Zurückhaltung wie ein Paukenschlag. Unvollendet lässt er nun die von ihm angeschobene Reform der Sicherheitsbehörden, bei der ein Expertenvorschlag zur Verschmelzung von Bundeskriminalamt und Bundespolizei auf dem Tisch liegt, der auf größeren Widerstand stößt, als de Maizière womöglich erwartet hatte.

Im Gegenzug handelt sich de Maizière mit der Verkleinerung und Umstellung der Bundeswehr auf eine Freiwilligenarmee ein noch größeres Vorhaben ein. Guttenberg hinterließ ihm in seiner Rücktrittserklärung das Versprechen, er werde ein „weitgehend bestelltes Haus“ vorfinden. Der nächste Reformschritt könne „von meinem Nachfolger bestens vorbereitet verabschiedet werden“.