Prag. Der Lissabon-Vertrag hat eine neue Hürde genommen. Nach monatelangem Gezerre hat der tschechische Senat dem EU-Reformwerk zugestimmt. EU-Kommission und -Abgeordnete sind erleichtert. Doch Staatschef Vaclav Klaus will vorerst nicht unterschreiben. Und das irische Volk muss auch noch Ja sagen.
Mit großer Erleichterung haben EU-Kommission und EU-Abgeordnete auf die Zustimmung des tschechischen Senats reagiert. Mit 54 zu 20 Stimmen hatte zuvor die zweite Kammer des Prager Parlaments den EU-Grundvertrag gebilligt. Der gestutzte Verfassungsvertrag sieht weitreichende Änderungen in der Geschäftsordnung der EU vor, um die Staatengemeinschaft handlungsfähiger und demokratischer zu machen. Dass letztlich die nötige Drei-Fünftel-Mehrheit erreicht wurde, war alles andere als sicher gewesen. Ein Scheitern hätte die EU in eine erneute Dauerkrise gestürzt.
Entsprechend froh zeigte sich EU-Kommissionschef José Manuel Barroso. „Ich bin sehr glücklich“, sagte der Portugiese. Er hoffe, dass nun die ausstehenden Schritte in Tschechien und anderen Ländern „so schnell wie möglich abgeschlossen werden.“ Damit spielte er auf die Unterschrift von Tschechiens Präsident Vaclav Klaus und die Volksabstimmung in Irland an. In Deutschland steht noch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus.
Vaclav Klaus stellt sich quer
Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok wurde konkreter. Der Lissabon-Vertrag liege „jetzt in der Hand Irlands“. Die irische Regierung müsse beim EU-Gipfel Mitte Juni ihren Fahrplan erklären, mit der sie eine Ratifizierung des Vertragswerks erreichen wolle, forderte Brok. Sozialdemokrat Jo Leinen mahnte, die Kampagnen der Europagegner in Irland dürften diesmal nicht unterschätzt werden.
Auch der tschechische Präsident Vaclav Klaus will das Dokument vorerst nicht unterzeichnen. Klaus verwies am Mittwochabend darauf, dass mehrere bei der Abstimmung unterlegene Senatoren eine zweite Verfassungsklage gegen den Reformvertrag angekündigt haben. Er wolle zunächst das Urteil abwarten, sagte der tschechische Präsident, der den Reformvertrag von Lissabon stets scharf kritisiert hat. Klaus erklärte, für ihn sei «der Lissabon-Vertrag tot». Das Abstimmungsergebnis sei «ein weiteres trauriges Beispiel des Versagens unserer politischen Elite».
Der Vertrag, der die Entscheidungsabläufe in der EU vereinfachen soll, kann nur in Kraft treten, wenn er von allen 27 Mitgliedstaaten ratifiziert wird. Tschechien ist der letzte EU-Staat, der den Vertrag parlamentarisch ratifiziert. In Irland soll ein zweites Referendum zum Vertrag stattfinden, nachdem die Iren in einer ersten Abstimmung Nein gesagt hatten. (Mit Material von ap und afp)