Washington. . Vor 100 Jahren wurde Ronald Reagan in Tampico, Illinois, geboren. Der Sohn eines irischen Einwanderers wurde Filmschauspieler, Gouverneur und Präsident der USA.

Fast sieben Jahre nach seinem Tod und 30 Jahre nach Amtsantritt ist Ronald Reagan quicklebendig. Zum 100. Geburtstag an diesem Sonntag ist Reagan längst in den Rang einer nationalen Ikone aufgestiegen.

In den Buchläden stapeln sich die Biographien. Sonder-Briefmarken, eine Rosen-Parade, Salut-Schüsse, ein Konzert der Beach Boys und nicht zuletzt eine dreiminütige Video-Hommage vor dem Anpfiff zum TV-Ereignis des Jahres, dem Super Bowl, unterstreichen Reagans Rang als politischer Kultfigur.

Selbst Barack Obama, den auf den ersten Blick nichts mit Amerikas 40. Präsidenten zu verbinden scheint, erwies Reagan unter dem Stirnrunzeln der Parteilinken seinen Respekt. „Er nahm auf, was Menschen damals umtrieb: der Wunsch nach Klarheit und Optimismus.“ Nach beidem sehnt sich, zermürbt von Kriegen und Krisen, auch das heutige Amerika.

Fast schon Heiligenstatus

Dass Obama bei seiner Rede zur Lage der Nation, die das Land wieder aufrichten sollte, im Stil Anleihen beim „großen Kommunikator“ nahm, sprang ins Auge. Das Magazin „Time“ montierte beide prompt in kumpelhafter Pose auf dem Titel der jüngsten Ausgabe, versehen mit dem Zusatz: „Nein, sie haben sich nie getroffen, aber wenn, hätten sie sich wohl eine Menge zu sagen gehabt.“

Im verklärten Rückblick genießt Reagan bei vielen seiner Landsleute fast schon Heiligenstatus. Nach John F. Kennedy liegt der Kalifornier auf Platz zwei der beliebtesten Präsidenten. Besonders tief verbeugen sich vor allem Republikaner wie Sarah Palin und Newt Gingrich vor dem Übervater. Beide wollen 2012 im Weißen Haus in Reagans Fußstapfen treten.

Keine Furcht vor Deals mit Demokraten

Gingrich hat gerade ein Buch über sein Idol geschrieben. Er nennt Reagan „inspirierender als jeden anderen im 20. Jahrhundert“. Wahr daran ist: Für praktisch jede Gelegenheit gibt es tatsächlich auch ein griffiges Reagan-Zitat. Die Überhöhung sorgt im anderen politischen Lager freilich für Spott. „Sie machen aus ihm einen Helden, weil sie keinen anderen haben“, meinte der frühere Clinton-Berater Paul Begala.

Ohnehin trennen Reagan und die Republikaner von heute Welten. Mit den Demokraten Kompromisse zu schließen, empfand er nicht als Schmach. „Lieber 80 Prozent durchsetzen, als mit flatternder Fahne über die Klippe gehen“, sei Reagans Devise gewesen, sagte Reagans damaliger Stabschef James Baker. Von soviel Pragmatismus sind seine selbst ernannten, eifernden Erben heute weit entfernt. Undenkbar überdies, dass sie einer Amnestie für Millionen illegaler Einwanderer zustimmen wie Reagan sie 1986 für drei Millionen Menschen auf den Weg brachte.

„Gib den Reichen, dann profitieren auch die Armen“

Als ältester Präsident kam er kurz vor seinem 70. Geburtstag ins Amt. Dass er geschieden war und trotzdem ur-amerikanische Familienwerte predigte, störte Amerika nicht. Sein Charme, sein Witz, sein unerschütterlicher Optimismus machten vieles wett. Im Weißen Haus spielte Reagan, der frühere Schauspieler, die Rolle seines Lebens als kumpelhafter Typ von nebenan. Wie man sich in Szene, hatte er in Hollywood gelernt.

Der politische Einfluss dieses konservativen Erneuerers freilich prägte Amerika weit über Reagans zwei Amtszeiten hinaus. „Gib den Reichen, dann profitieren auch die Armen“, war der Startschuss zu Steuersenkungen und Sozialabbau. Für Reagan war allein der Staat die Quelle allen Übels. Allein im freien Markt sah er das Allheilmittel für Wohlstand und Demokratie.

Schmutzige Kriege

Doch in seiner achtjährigen Amtszeit explodierten die Staatsschulden, vor allem wegen der teuren Rüstungsprogramme. Es war ihm nie zu vermitteln, dass beides zusammenhing. Sein Wissen von der Welt war begrenzt. In Schwarz und Weiß, in Gut und Böse teilte er die Welt ein. Sein beinharter Antikommunismus ließ ihn schmutzige, verdeckte Kriege in Lateinamerika führen.

Und aus Sicht europäischer Entspannungspolitiker war der alte Mann in Washington ein einziger Albtraum. Sein Besuch 1987 in Berlin führte zu schlimmen Straßenschlachten. Als naiv belächelt wurde sein Appel am Brandenburger Tor an Michail Gorbatschow, die Mauer einzureißen.

Streiter gegen das „Reich des Bösen“

Als gefährliche Zündelei galt sein Begriff vom „Reich des Bösen“ für die Sowjetunion, die er für eine historische Verirrung hielt. Unerschütterlich war sein Glaube, dass der Westen den kalten Krieg gewinnt und das Wettrüsten dann endet.

Die Amerikaner mochten diesen so gutmütig wirkenden Kerl im Weißen Haus, der sich abends im Schlafanzug vor den Fernseher fläzte und Ketchup für ein Gemüse hielt. John Wayne war sein Freund.

Lieber auf der Ranch als im Weißen Haus

Einen nicht unerheblichen Teil seiner Präsidentschaft verbrachte der unermüdliche Trommler amerikanischer Zuversicht ohnehin auf seiner Ranch bei Santa Barbara. Ob er tatsächlich schon zu seinen Amtszeiten an Alzheimer litt, wie sein Sohn Ron jetzt in einem Buch behauptet, ist keine Frage, die nun breit diskutiert wird. Seinen Platz in der amerikanischen Heldengalerie hat Reagan ohnehin längst eingenommen.