Berlin. .
Die Gewerkschaft der Polizei verlangt von der Deutschen Fußball Liga mehr Fingerspitzengefühl bei der Spielplangestaltung. Die Koordinationsstelle Fanprojekte verlangt hingegen von der Polizei mehr Professionalität im Umgang mit den Fans.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verlangt angesichts des Gewaltpotenzials bei Fußballspielen von der Deutschen Fußball Liga (DFL) mehr Fingerspitzengefühl bei der Spielplangestaltung. Es sei vor dem Hintergrund der Sicherheitsanforderungen nicht nachvollziehbar, dass wie im Februar geplant an einem Wochenende gleich mehrere sogenannte Risikobegegnungen in mehreren Bundesländern angesetzt werden, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Jörg Radek in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dapd vor einem Expertengipfel am Mittwoch (12. Januar) in Frankfurt am Main. Dabei sitzen der Deutsche Fußballbund (DFB), die Deutsche Fußball Liga (DFL), die Polizei und Fanvertreter erstmals an einem Tisch, um über die Eindämmung der Randale rund um die Stadien zu diskutieren.
Radek beklagte, die Belastungen für die Beamten und das Gewaltpotenzial bei Fußballpartien sei seit Jahren unverändert hoch. Zwar registriere die Polizei nach Ausschreitungen inzwischen „ein schnelles Reagieren der DFB-Sportgerichtsbarkeit, die dabei auch nicht davor zurückschreckt, Fankurven zu sperren und hohe Geldstrafen auszusprechen“. Jedoch reiche es zur Entlastung der Polizisten nicht aus, wenn die DFL wegen vieler Demonstrationen beispielsweise nur am 1. Mai keine Spiele ansetze, dafür aber am Tag davor und danach. „Das ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung“, so Radek, aber die Gewerkschaft appelliert an die DFL, künftig so ein Wochenende komplett spielfrei zu lassen.
Termine nicht nach „kommerziellen Verwertungsinteressen“
Der GdP-Vize betonte, die Spiele dürften „nicht ausschließlich nach kommerziellen Verwertungsinteressen“ terminiert werden. Auch der DFB müsse „sicherstellen, dass brisante Spiele mit einem hohen Gewaltpotenzial nicht ausgerechnet an einem Freitagabend stattfinden“, betonte Radek. Das gelte insbesondere für Spiele, bei denen es in der Vergangenheit zu schweren Auseinandersetzungen gekommen sei.
Die bundesweite Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) verlangt hingegen eine zunehmende Professionalisierung und eine verbesserte Kommunikation der Polizei im Umgang mit Fußballfans. „Viel zu oft noch werden Fangruppen von den Sicherheitskräften pauschal als gefährlich angesehen, ohne dass zwischen normalen Anhängern und tatsächlichen Übeltätern unterschieden wird“, sagte KOS-Leiter Michael Gabriel. Das vorrangige Ziel sei deshalb, bei der Polizei für mehr Verständnis für die Fankultur zu werben.
Die Sicherheitskräfte müssten verstehen, dass „es für die Fans dazugehört, zu Auswärtsspielen fahren, um gemeinsam das Spiel zu erleben, dabei zu trinken und auch lautstark den Gegner zu beschimpfen“, betonte Gabriel. Dabei finde die Gewalt lediglich auf „verbaler Ebene statt“. Gleichzeitig seien auch die Fans gefordert, sich in die Lage von Polizisten an den Spieltagen hineinzuversetzen. „Die Fans müssen begreifen, dass Taten, die für sie nur Lappalien darstellen, Polizisten indes völlig anders wahrnehmen und schon wegen ihres Berufs entsprechend handeln müssen.“
Bengalischer Feuer als Streitpunkt
Ein Streitpunkt sei beispielsweise das Zünden bengalischer Feuer. „Das komplette Verbot der Bengalos führt nur dazu, dass diese in die Stadien geschmuggelt werden und nach dem Zünden von den Fans gleich weggeworfen werden, weil es für denjenigen, der damit erwischt wird, ein mehrjähriges Stadionverbot gibt“, fügte Gabriel hinzu. Das Wegwerfen des Feuers gefährde die Zuschauer. Als Bengalos noch legal waren, seien diese - von den Fans in der Händen gehalten - kontrolliert abgebrannt worden. „Mittlerweile haben Ultra-Gruppen aus fast 50 Städten einen konstruktiven Vorschlag zum sicheren Abbrennen von Bengalos vorgelegt.“ Im Gegenzug wollen die Fans auch das Zünden von Böllern und Magnesiumfackeln verzichten.
Die KOS fordert einen „kontinuierlichen, authentischen und ehrlichen Dialog“ zwischen Fußballfans, Polizei und Vereinen. Dafür könnten die Fangruppen und die sogenannten Ultras nach Ansicht Gabriels „die wichtigste Vermittlungsinstanz“ zwischen diesen Akteuren sein. Auch innerhalb der Fanszene habe man positive Erfahrungen etwa mit Begegnungsangeboten für die Fangruppen verschiedener Vereine gemacht. Um Heranwachsende an eine Fankultur heranzuführen, gebe es etwa ein Programm für unter 16-Jährige, die zu Auswärtspartien begleitet werden und dort darauf geachtet wird, dass kein Alkohol, keine Zigaretten oder andere Drogen konsumiert werden. (dapd)