Washington. .
Keine Konzerte, keine rauschende Bälle – John Boehner hat sich mit Blick auf die Ebbe in der Staatskasse demonstrative Sparsamkeit verordnet. Der 61-Jährige steht neu an der Spitze des US-Repräsentantenhauses. Er will Barack Obama das Leben schwer machen.
Keine Konzerte, keine rauschende Bälle – John Boehner hat sich mit Blick auf die Ebbe in der Staatskasse demonstrative Sparsamkeit verordnet. Lediglich seine elf Geschwister hat der Mann aus Ohio in die US-Hauptstadt eingeladen, um den Moment mitzuerleben, wenn der 61-jährige Republikaner heute nach Präsident und Vize protokollarisch zur neuen Nummer 3 in den USA gewählt und eingeschworen wird.
Boehner rückt mit Beginn der neuen Kongressperiode an die Spitze des US-Repräsentantenhauses, das die Republikaner bei den Novemberwahlen im Sturm genommen hatten. „Die Bürger wollen keine Krönungsparty. Sie erwarten Resultate“, begründete der Parteistratege Mike Murphy die neue Nüchternheit, die in krassem Gegensatz zu all dem Glanz steht, mit dem sich Boehners demokratische Amtsvorgängerin Nancy Pelosi vor vier Jahren bei ihrer Amtseinführung in das hohe Amt noch umgab. Als „Außenposten der amerikanischen Bürger“ sieht der Gastwirtssohn Boehner das Repräsentantenhaus, in der die Abgeordneten aus allen Bundesstaaten sitzen. 242 Republikaner stehen dort 193 Abgeordneten der Demokraten gegenüber — eine mehr als nur solide Mehrheit, die Obama das Regieren künftig erschwert.
Boehner will die Wirtschaft ankurbeln
Nicht nur Amerikas Wähler hat der frühere republikanische Fraktionschef freilich im Blick, wenn er in seiner Jungfernrede verspricht, die öffentlichen Ausgaben begrenzen und den stotternden Jobmotor wieder flott machen zu wollen. Der „Speaker“, der Parlamentsvorsitzende, steht auch unter Druck aus den Reihen der vielen republikanischen Parlamentsneulinge, die mit dem Rückenwind der rechtsrebellischen „Tea Party“ und rabiaten Kampfparolen gegen „Washington“ ihre Mandate erobert hatten. Ihre Bereitschaft zu Kompromissen mit dem Weißen Haus ist naturgemäß gering ausgeprägt.
Von ihrem Vormann, der weniger als intellektueller Vordenker, dafür aber als ausgebuffter Strippenzieher gilt, erwarten sie eine Gangart, die alles dem Ziel unterordnet, Obamas Wiederwahl Ende nächsten Jahres zu verhindern. Ohnmächtig hatten sie trotz ihrer Wahlsiege zuletzt noch zusehen müssen, wie Obama im letzten Monat noch eine ganze Reihe innenpolitischer Minenfelder abräumen konnte, ohne dass ihm die Republikaner Knüppel zwischen die Beine warfen.
„Haben sie mitbekommen, was am Wahltag passiert ist?“, wetterte Mark Meckler, Mitbegründer der erzkonservativen „Tea Party Patriots“ mit Blick auf die Demokraten, die zwar abgewählt waren, aber bis zur Konstituierung des neuen Kongresses mit ihrer Mehrheit in beiden Kammern noch aktiv Politik im Sinne Obamas machen konnten. Aber auch die republikanischen Reihen im Senat bekamen ihr Fett ab. „Sie waren zwar in einigen Bereichen standfest, aber nur, weil wir mit einem dicken Knüppel hinter ihnen standen“, meinte Meckler.
Schnell Zeichen setzen
Die Rache für Obamas überraschende Erfolgsrallye am Ende des alten Jahres folgt nun auf dem Fuße. Kaum an der Macht, blasen die Republikaner um Boehner zum Angriff. Schon in der nächsten Woche wollen sie ein schnelles Ausrufezeichen setzen und sich gleich als erstes die Gesundheitsreform, das Herzstück der Reformagenda Obamas, vorknöpfen. Von einem „Jobkiller ersten Ranges für Amerikas Unternehmen“ sprechen Boehners Fußtruppen. Chancen, die vor knapp einem Jahr beschlossene Reform zu Fall zu bringen, haben die Republikaner trotz ihrer Mehrheit in der Abgeordnetenkammer zwar nicht. Denn im Senat, der zweiten Kammer, stellen die demokratischen Senatoren noch immer die Mehrheit. Überdies verfügt Obama über ein Vetorecht gegenüber Beschlüssen des Kongressen.