Düsseldorf. Die schleppende Abschiebepraxis nach Bulgarien beschäftigt NRW seit dem Solingen-Anschlag intensiv. Nun nannte die Ministerin Details.

NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie strenge EU-Vorgaben für die schleppende Abschiebepraxis bei Asylbewerbern ohne Bleiberecht verantwortlich gemacht.

„Es stehen derzeit zwei Chartermöglichkeiten pro Monat nach Bulgarien zur Verfügung, und pro Sammelcharter können eben nur maximal zehn Menschen rückgeführt werden. Mehr ist nach Aussage des BAMF nicht möglich, auch unabhängig im Übrigen von der Größe des Flugzeugs“, sagte Paul am Mittwoch in einer „Aktuellen Stunde“ des Landtags.

Der Umgang mit sogenannten „Dublin-Fällen“, für deren Asylverfahren eigentlich das EU-Erstregistrierungsland zuständig ist, spielt seit dem Terroranschlag von Solingen im vergangenen Sommer eine große Rolle. Ein Syrer, der wegen einer schweren NRW-Behördenpanne ein Jahr zuvor nicht nach Bulgarien überstellt werden konnte, ermordete im August 2024 auf dem Solinger Stadtfest drei Menschen.

Ein Untersuchungsausschuss des Landtags arbeitet Abschiebepanne vor Solingen-Anschlag auf

Ein Untersuchungsausschuss des Landtags arbeitet seit kurzem diese Abschiebepanne und eine zögerliche Krisenreaktion im Verantwortungsbereich der Grünen-Politikerin Paul auf. In der vergangenen Woche hatte NRW dann überraschend erstmals eine eigene Sammelabschiebung nach Bulgarien mit vier Syrern und drei Afghanen organisiert, was Paul öffentlich als Nachweis ihrer Entschlossenheit vermarktete.

Bis Ende des vergangenen Jahres seien Charterflüge vorranging von der Bundespolizei belegt worden mit Flüchtlingen, die direkt an der Grenze aufgegriffen wurden, sagte die Ministerin am Mittwoch im Landtag. Die Bundesländer hingegen hätten in den Maschinen nur Plätze belegen dürfen, wenn die Bundespolizei nicht alle Sitze benötigte. Erst im November 2024 seien den Ländern mehr Möglichkeiten eingeräumt worden.

Waren Abschiebeplätze in Chartermaschine der Bundespolizei vorbehalten?

„Das BAMF hat wiederholt auf Nachfrage Nordrhein-Westfalen erklärt, dass für die Länder keine eigene Chartermaßnahmen möglich sind“, betonte sie. Das BAMF und das Bundesinnenministerien hatten dieser Darstellung widersprochen.

Paul pochte zudem darauf, dass die bulgarischen Behörden NRW das Leben bewusst schwer gemacht hätten. Im Sommer 2023 sei „unmissverständlich“ erklärt worden: Dublin-Rückführungen seien lediglich mit neun Tagen Vorlauf zum Flughafen Sofia montags bis donnerstags von 9 bis 14 Uhr möglich. Zweifel an dieser Version hatte ein höfliches und kooperatives Schreiben der bulgarischen Regierung von Anfang 2023 geweckt, das eher auf eine gelingende Abschiebung des späteren Solingen-Attentäters ausgerichtet zu sein schien.

Paul widersprach im Landtag auch dem Eindruck, ganz grundsätzlich illegalen Asylbewerbern mit zu wenig Nachdruck zu begegnen: „Rückführungen und Überstellungen sind notwendig, wenn am Ende rechtstaatlicher Verfahren keine Bleibeperspektive besteht.“