Berlin. Menschen mit Migrationshintergrund sind laut einer neuen Studie in der Polizeistatistik überrepräsentiert. Was die Gründe sind.

Nach der Messerattacke in Aschaffenburg und dem Anschlag in München ist das Thema Migration in den Mittelpunkt des Bundestagswahlkampfs gerückt. Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz spricht von einer „nationalen Notlage“, und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert eine Begrenzung der Migration, um die innere Sicherheit zu stärken. Auf den ersten Blick scheinen offizielle Zahlen diese Reaktion zu rechtfertigen: Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sind Menschen mit ausländischer Herkunft gegenüber ihrem Bevölkerungsanteil überrepräsentiert oft unter Tatverdächtigen zu finden.

Doch eine neue Studie des „Ifo-Instituts“ widerlegt nun die These, dass Migration auch die Kriminalität steigert. „Wir haben uns die Daten der PKS von 2018 bis 2023 angeschaut und kommen zu dem Ergebnis, dass zumindest auf Basis dieser Daten nicht der Schluss gezogen werden kann, dass Ausländer aufgrund ihrer Herkunft krimineller sind als Deutsche“, erklärt Ökonom und Mitautor der Studie Jean-Victor Alipour gegenüber dem „ZDF“. Vielmehr seien soziale Faktoren wie Wohnort, Alter und Geschlecht entscheidend.

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Wohnort entscheidend: Migranten ziehen häufiger in städtische Ballungsräume

Laut der Studie spielt vor allem der Wohnort eine entscheidende Rolle. Migranten ziehen häufiger in städtische Ballungsräume, wo die Kriminalitätsrate generell höher ist als in ländlichen Regionen. Die Autoren der Studie, Jean-Victor Alipour und Joop Adema, untersuchten zudem, ob der Zuzug von Migranten diesen Effekt verstärken könnte. Doch die Daten zeigen kein solches Muster:
„Zwischen 2018 und 2023 lässt sich kein Zusammenhang zwischen einer Veränderung des regionalen Ausländeranteils und der lokalen Kriminalitätsrate feststellen“, erklärt Alipour gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender. Das gelte ebenso für Schutzsuchende.

Laut der Studie sind städtische Gebiete aus verschiedenen Gründen anfälliger für Kriminalität:

  • Höhere Bevölkerungsdichte
  • Wirtschaftliche Unterschiede
  • Polizeipräsenz und Kontrolldichte
  • Soziale Spannungen

Das Alter und Geschlecht der Verdächtigen spielen gemäß der ifo-Studie allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Regionale Kriminalitätsunterschiede lassen sich demnach nur geringfügig durch demografische Faktoren wie dem Altersdurchschnitt oder dem Anteil männlicher Einwohner eines Kreises erklären.

Migration: Forscher warnen vor Vorverurteilung – Forderung nach besseren Daten

Die Forscher warnen davor, Migration pauschal als Sicherheitsproblem zu betrachten. Vorurteile könnten dazu führen, dass Deutschland Schwierigkeiten hat, dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen. „Fehlwahrnehmungen können erhebliche ökonomische Kosten verursachen“, erklärt Alipour.

Die Studienautoren fordern eine präzisere Erfassung von Kriminalität in Deutschland. Derzeit sind PKS-Daten nur auf Kreisebene verfügbar. Eine detailliertere Erhebung anonymisierter, personenbezogener Daten könnte helfen, genauere Zusammenhänge zu erkennen.