Düsseldorf. Chartermaschinen nach Bulgarien: Wer blockierte bislang Rückführungen von Asylbewerbern? NRW und der Bund widersprechen sich.
Im Streit um die schleppende Abschiebepraxis in sogenannten „Dublin-Fällen“ hat NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) ihre Kritik an angeblichen Hemmnissen durch Bundesbehörden erneuert.
Noch im September 2024 habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf explizite Nachfrage aus NRW, ob Sammelcharter nach Bulgarien möglich seien, Ablehnung signalisiert, so Pauls Sprecherin. Wörtlich habe es damals geheißen: „Eine Ausrichtung vom Land NRW ist derzeit nicht möglich.“ Deshalb sei man erstaunt über Äußerungen des BAMF und des Bundesinnenministeriums, die auf die Landeszuständigkeit bei Abschiebungen verwiesen hatten.
NRW hatte erstmals selbst eine Sammelrückführung nach Bulgarien organisiert
Der Streit zwischen Paul und den Bundesbehörden hatte sich an der ersten Sammelrückführung von vier syrischen und drei afghanischen Männern nach Bulgarien zu Wochenbeginn entzündet. Die NRW-Landesregierung hatte den ersten Charterflug als Erfolg verkauft. Bei den Personen handelte es sich um sogenannte „Dublin-Fälle“, was bedeutet: Ein anderes EU-Ersteinreiseland ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Paul verwies auf Hemmnisse des Bundes, die erst jetzt zur Seite geräumt werden konnten. „Die Bundesländer hatten bisher nicht die Möglichkeit, eigene Charterflüge nach Bulgarien zu organisieren. Jetzt können wir das endlich“, ließ sich die Ministerin in der „Rheinischen Post“ zitieren. Sie hoffe, solche Charterflüge ab sofort häufiger durchführen zu können.
Das BAMF widersprach daraufhin der Darstellung, mit seiner Genehmigungspraxis solche Abschiebeflüge zu behindern. Auch das Bundesinnenministeriums erklärte, das BAMF koordiniere nur die Überstellung mit den nach der Dublin-III-Verordnung zuständigen EU-Ländern. Es bestehe „ein in der Praxis etabliertes Verfahren, nach dem die Bundesländer im Wechsel Charterflüge in die zuständigen Mitgliedstaaten organisieren und durchführen können“.
Bund widersprach im Gerangel um schleppende Abschiebepraxis
Das Gerangel um die Verantwortung für die schleppende Abschiebepraxis ist vor dem Hintergrund des Solingen-Attentats bedeutsam. Am 23. August 2024 hatte ein ausreisepflichtiger Syrer auf dem Solinger Stadtfest drei Menschen ermordet. Obwohl die Rückführung nach Bulgarien bereits für den 5. Juni 2023 organisiert war, scheiterte der nächtliche Transfer aus dem Landesflüchtlingsheim Paderborn zur wartenden Maschine am Flughafen Düsseldorf.
SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat warf Ministerin Paul vor, „von ihrem eigenen Unvermögen und Unwillen abzulenken“. Sie müsse darlegen, „ob und wie oft sie vor dem Attentat von Solingen jemals versucht hat, Rücküberstellungen nach Bulgarien auch mit Charterflügen durchführen zu lassen“.