Düsseldorf. Arbeit ist im Prinzip gesünder als nicht zu arbeiten. Aber unter Umständen wird der Job zum Stresstest für die Psyche.

Es ist in diesem Bundestagswahlkampf in manchen Kreisen beliebt, das Bild von einer verwöhnten Gesellschaft zu zeichnen, die nur vier Tage in der Woche arbeiten will, Work-Life-Balance in den Arbeitsvertrag reinverhandelt, sich dem nächsten Sabbatjahr entgegen chillt, heute schon das Geld künftiger Generationen verfrühstückt und noch nie in die Hände gespuckt hat.

Die Wirklichkeit ist eine andere und hat mit diesem angeblichen Wellnesstrend nichts zu tun: Weite Teile der „arbeitenden Mitte“ reiben sich auf zwischen einem immer komplexeren Berufsleben, ständiger Erreichbarkeit, Kindererziehung und womöglich noch der Pflege der eigenen Eltern. Stets begleitet von den Fragen, ob alles noch teurer wird, ob man das bis 67 durchhält und ob später die Rente zum Leben reicht.

Die Experten im Landtag waren sich einig: Unter diesem Stress leidet die Seele, und all jene, die nicht mit „Resilienz“, also mit Widerstandskraft ausgestattet sind, finden nicht einmal professionelle Hilfe, wenn sie diese benötigen, weil es keine Termine beim Psychotherapeuten gibt. Psychische Erkrankungen verursachen Fehltage in Betrieben, belasten die Wirtschaft spürbar und nehmen den Betroffenen Lebensfreude.

Menschen können einiges ertragen, aber nicht alles auf einmal, und ein Staat, der viel erwartet, müsste dieser „arbeitenden Mitte“, also dem Fundament, auf dem wir alle stehen, mehr anbieten. Zum Beispiel eine angemessene medizinische und psychologische Versorgung, funktionierende Kinderbetreuung sowie Arbeitsschutz auch im digitalen Zeitalter. 

Künftige Regierungen, die diese Alltagsprobleme fleißiger Bürgerinnen und Bürger beherzt aufgreifen, würden geliebt werden.