Düsseldorf. Neue Zahlen zu Meldeversäumnissen von Bürgergeld-Empfängern in NRW lassen den Ruf nach einer Sozialreform wohl lauter werden.

Immer mehr Bürgergeld-Empfänger in Nordrhein-Westfalen kommen ihren Meldeverpflichtungen beim Jobcenter nicht nach. Das geht aus einem Bericht von NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) für den Landtag hervor.

In NRW habe sich die Zahl der Meldeversäumnisse 2024 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 66 Prozent gesteigert, so Laumann. Allein die Werte des Jobcenters in Nordrhein-Westfalens einziger Millionenstadt Köln unterstrichen den Eindruck, dass mit Einführung des umstrittenen Bürgergeldes die Nachlässigkeit der Hilfsempfänger im Umgang mit Terminen beim Amt zugenommen habe. In Köln sei zwischen 2023 und 2024 sogar eine Steigerung der Meldeversäumnisse um mehr als 107 Prozent zu verzeichnen.

Termindisziplin hat seit Einführung des Bürgergeldes nachgelassen

Bundesweit wurden für das Jahr 2023 insgesamt 191.928 verpasste Termine festgestellt. Aus den NRW-Kommunen werde die Erfahrung gespiegelt, dass seit Einführung des Bürgergeldes „mehr Leistungsberechtigte nicht zu den Beratungsgesprächen in den Jobcentern erscheinen“, so Laumann. Auch eine Vermittlungsoffensive, die das Land im Herbst 2023 gestartet hatte, brachte ein ernüchterndes Ergebnis: Von 283.963 Einladungen an leistungsberechtige Personen hätten 42.867 Gespräche nicht stattgefunden.

Laumann gilt als „soziales Gewissen“ der CDU, sieht das Bürgergeld jedoch zunehmend kritisch. „Es wird von vielen als bedingungsloses Grundeinkommen missverstanden. Jeder, der arbeiten kann, sollte auch eine Arbeit aufnehmen“, betonte der NRW-Minister zuletzt in mehreren Interviews. Die Landesregierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte der Einführung des Bürgergelds im Bundesrat zugestimmt. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat angekündigt, das Bürgergeld in der bisherigen Form wieder abzuschaffen.

Union will Bürgergeld nach der Wahl wieder abschaffen

Laumann macht sich für eine engere Betreuung von arbeitsfähigen Hilfsempfängern und großzügigere Hinzuverdienstmöglichkeiten stark. Wer Beratungstermine nicht wahrnehme oder zumutbare Arbeit verweigere, müsse aber auch Sanktionen deutlicher spüren.

Der NRW-Arbeitsmarkt leidet seit Jahren unter einer Schieflage: Deutlich mehr als die Hälfte aller Arbeitslosen steht ohne Berufsabschluss da. Der Großteil der offenen Stellen richtet sich jedoch ausschließlich an Fachkräfte. So gibt es neben der oft schwierigen Nachqualifizierung der Betroffenen häufig nur die Vermittlung in rar gesäte Helfertätigkeiten. Aus den Kommunen wurde zuletzt der Ruf nach verpflichtender Gemeinwohlarbeit wieder lauter, die möglicherweise von der neuen Bundesregierung in die Bürgergeld-Reform einbezogen wird.