Berlin. Gut ein Viertel der FDP-Fraktion verweigert sich der eigenen Führung. „Ich bin fassungslos“, sagt ein interner Kritiker über seine Kollegen.
Unterm Strich sind es am Ende 23 FDP-Abgeordnete, die dem Kurs ihrer Fraktions- und Parteispitze nicht folgen. Die mit Nein gestimmt haben, sich enthalten haben oder schlicht gar nicht abgestimmt haben, als es am Freitag im Bundestag einerseits um eine härtere Migrationspolitik ging – und andererseits um die Frage, ob man die mit der AfD auf den Weg bringen darf.
Auf die Tagesordnung gesetzt hatte beide Fragen Friedrich Merz, Unions-Kanzlerkandidat und Fraktionschef, als er – nach einer Mehrheit mit der AfD für einen Antrag am Mittwoch – am Freitag bereit war, auch ein Gesetz mit den Stimmen der extremen Rechten zu verabschieden. Die Erschütterungen, die diese Entscheidung ausgelöst hat, sind nicht nur auf den Straßen und in der Union zu spüren, sondern deutlich auch in der FDP.
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![ARCHIV - 17.12.2024, Berlin: Friedrich Merz (l), CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, spricht neben Markus Söder, (CSU), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender. (zu dpa: «Söder stellt sich hinter Merz») Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ CDU und CSU](https://img.sparknews.funkemedien.de/408210163/408210163_1738426290_v1_1_200.jpeg)
Deren Fraktionschef Christian Dürr hatte am Freitag zunächst noch versucht, die Abstimmung durch eine Überweisung des Gesetzentwurfs in die Ausschüsse abzuwenden. Als klar wurde, dass das nicht möglich war, entschied die FDP-Fraktionsführung, für den Entwurf zu stimmen.
Kubicki: „Ich räume schon mal mein Büro auf“
Dass dieser am Ende trotzdem durchfiel, lag maßgeblich daran, dass mehr als ein Viertel der Fraktion diesem Beschluss nicht folgte. Die „Bild“-Zeitung zitiert den stellvertretenden FDP-Parteichef Wolfgang Kubicki am Wochenende mit scharfer Kritik an seinen Fraktionskollegen. „Ich bin fassungslos über das Abstimmungsverhalten einiger meiner Fraktionskollegen“, sagte Kubicki der Zeitung. „Ich bin mir sicher, das wird unserer Partei im Wahlkampf nicht nutzen.“ Intern soll Kubicki noch deutlicher geworden sein. „Stern“-Journalist Julius Betschka berichtet von einer Nachricht im internen Fraktionschat, in der Kubicki ironisch vorschlägt, einige der Abweichler mögen doch jetzt den Wahlkampf übernehmen. „Ich räume schon mal mein Büro auf.“
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Unter denen, die Fraktionschef Christian Dürr im Bundestag nicht folgten, sind einige, deren Wort in der FDP Gewicht hat: die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Lukas Köhler und Konstantin Kuhle etwa und der erste parlamentarische Geschäftsführer Johannes Vogel, ebenso Ria Schröder, ehemalige Chefin der Jungen Liberalen. Thomas Sattelberger, ehemaliger parlamentarischer Staatssekretär und Abgeordneter der FDP, nannte Vogel, Köhler und Kuhle deshalb auf X „grüne U-Boote“.
Auch Marco Buschmann, einst Justizminister in der Ampel-Koalition und jetzt Generalsekretär der Liberalen, hat nicht mitgestimmt, er erklärte auf X, er sei krank im Bett.
Öffentliche Kritik am Kurs der Fraktions- und Parteispitze ist nach der Abstimmung von keinem der Abweichler zu hören. Denn Streit auf offener Bühne gilt als Gift für den politischen Erfolg einer Partei, gerade im Wahlkampf. Der aber ist für die FDP derzeit schon schwierig genug: Die Partei steht in Umfragen seit Monaten unter fünf Prozent.
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