Düsseldorf. Vor 40 Jahren schlug die Landesregierung Smog-Alarm. Ob das heute noch nötig sein könnte, erklärte Umweltminister Oliver Krischer.
. Laut NRW-Umweltminister Oliver Krischer ist die Luftqualität in NRW in den vergangenen 40 Jahren immer besser geworden. „Das ist eine Erfolgsgeschichte der Umweltpolitik“, sagte er am Donnerstag im Landtag. Beispiel Feinstaub: Ende der 1960-er Jahre wurden in der Rhein-Ruhr-Region im Jahresdurchschnitt noch 200 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen. Heute werde der Grenzwert von 40 Mikrogramm überall in NRW deutlich unterschritten, erklärte das Landesumweltamt (Lanuv).
Vor 40 Jahren war der Smog im Ruhrgebiet unterträglich
„Wir halten heute alle Grenzwerte sicher ein“, versicherte Lanuv-Präsidentin Elke Reichert. Beim Stickstoffdioxid, das vor allem bei Verbrennungsprozessen in Motoren entsteht, sei der Trend allerdings nicht ganz so erfreulich wie bei Feinstaub und Schwefeldioxid.
Anlass für die Vorstellung der aktuellen Luftqualität war ein Ereignis, das 40 Jahre zurückliegt: Mitte Januar 1985 waren wegen einer Smogwetterlage im Ruhrgebiet so viele Schadstoffe in der Luft, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik die höchste Smog-Warnstufe 3 ausgerufen wurde. Die Folge. Fahrverbote, Fabriken fuhren ihre Produktion herunter, Schulen wurden geschlossen.
Entschwefelungsanlagen und moderne Motoren wirken auf die Luftqualität
In den vergangenen Tagen habe es in NRW eine mit der Smog-Phase 1985 vergleichbare Wetterlage gegeben mit wenig Wind und warmer Luft in der Höhe, die über Kaltluft am Boden lag (Inversionswetterlage). Smog habe es aber nicht gegeben. „1985 wurden zwischen dem 17. und dem 19. Januar in den Städten des Ruhrgebietes über 700 Mikrogramm Schwefeldioxid pro Kubikmeter Luft gemessen. Am vergangenen Mittwoch lag dieser Wert bei sechs“, erklärte Reichert.
Die Landesregierung führt diesen Trend vor allem auf den Einbau moderner Entschwefelungsanlagen in der Industrie, Katalysatoren in Kraftfahrzeugen, weniger giftige Kraftstoffe und auf die Luftreinhaltepläne zurück, die in NRW aufgestellt wurden und zum Beispiel zur Einrichtung von Umweltzonen führten. Elektrofahrzeuge und moderne Heizungen könnten die Luftqualität künftig weiter verbessern, sagte Krischer.
Bald strengere Grenzwerte in Europa
Die aktuell in Europa geltenden Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid sind mehr als 20 Jahre alt und entsprechen nicht den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die gesundheitlichen Auswirkungen von Luftverschmutzung, erklärt das Umweltbundesamt. Im Ergebnis eines umfangreichen „Fitness Checks“ der aktuell geltenden Luftqualitätsrichtlinie (2008/50/EG) hat die EU-Kommission am 26. Oktober 2022 ihren Vorschlag für eine Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie vorgelegt. Die EU-Kommission schlägt in ihrem Entwurf schärfere Grenzwerte vor, die sich stärker an den 2021 veröffentlichten Richtwerten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren.
Neben dem Fokus auf der verpflichtenden Einhaltung von Grenzwerten auch an hoch belasteten – zum Beispiel verkehrsnahen - Standorten sieht der Richtlinienentwurf zudem eine kontinuierliche Senkung der durchschnittlichen Belastung mit Stickstoffdioxid und Feinstaub mit besonders kleinen Partikeln (PM2,5) bis zur Erreichung der WHO-Richtwerte vor.
Die EU verlangt die Einhaltung strengerer Grenzwerte, zum Beispiel bei Feinstaub
Die Frage, ob die heute saubere Luft die Luftreinhaltepläne und Umweltzonen überflüssig mache, verneinten der Minister und die Lanuv-Präsidentin allerdings. Mit dem Blick auf neue und noch viel strengere Grenzwerte, die in der EU ab dem Jahr 2030 gelten sollen (Luftqualitätsrichtlinie), würden diese Instrumente weiter benötigt. Eines der „Zukunftsthemen“ im Rahnen der Luftreinhaltung werde zum Beispiel der Feinstaub durch Reifenabrieb sein. Der Reifenabrieb trägt Experten zufolge unter anderem dazu bei, dass Mikroplastik in die Umwelt gelangt.
Krischer verglich die Luftreinhaltung mit einem Marathon: „Wenn das Ziel eine Luft ohne Schadstoffe ist, dann haben wir den größten Teil der Strecke schon zurückgelegt, sind aber noch nicht ganz am Ziel.“