Duisburg. Wie klimafreundlich und wie teuer sind die Autos von Oberbürgermeister Sören Link und den Dezernenten der Stadt? Kritik von Deutscher Umwelthilfe.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beurteilt mit ihrem Dienstwagen-Check, wie klimafreundlich oder -schädlich Dienstwagen von Spitzenpolitikern und Staatssekretären sind. Eine Rote Karte für ihre „Klimakiller“ erhielten 2024 etwa NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Deren sondergeschützte Audi A8 kritisiert die Umweltschutzorganisation als „Symbole der klimafeindlichen Verkehrspolitik ihrer Verbrenner-Lobby-Partei“. Wir wollten wissen, in welchen Dienstautos Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link und die anderen Führungskräfte der Verwaltung unterwegs sind. Schließlich will die Stadt bis 2035 klimaneutral sein. Der Duisburger Dienstwagen-Check offenbart einen positiven Trend zum E-Auto, trotzdem auch weniger vorbildliche, dicke Wagen – und eine Gewinnerin.
Und das ist Kerstin Wittmeier (parteilos). Die Beigeordnete für „Personal, Qualifizierung, Organisation, Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin“ würde von der DUH auf Platz 1 eines Duisburg-Rankings gesetzt und als vorbildlich gelobt: Wittmeier ist nach Angaben eines Stadtsprechers während der Arbeit mit Fahrrad und ÖPNV unterwegs, sie hat keinen Dienstwagen. Alle anderen Mitglieder des Verwaltungsvorstandes fahren laut Auskunft des Kommunikationsamtes geleaste Dienstwagen (Kosten: siehe unten).
Duisburg: Auch Klimadezernentin Linda Wagner fährt ein SUV
Auf den Rängen 2 und 3 würden Linda Wagner (leitet das Dezernat für Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheit, Verbraucherschutz und Kultur) und Astrid Neese (Bildung, Arbeit, Soziales) folgen. Beide nutzen immerhin rein batterieelektrisch angetriebene Autos. Vorbildlich sind diese laut DUH dennoch nicht: In beiden Fällen handelt es sich um Sport Utility Vehicles (SUV). Solche Stadtgeländewagen stehen in der Kritik, weil sie sehr groß, schwer und hoch sind, darum einen höheren Verbrauch haben.
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Umwelt- und Klimadezernentin Wagner (parteilos) fährt einen Ioniq 5 (Bj. 2022, 170 PS, Gewicht: je nach Modell 1905 bis 2305 kg). Dieser „Kompakt-SUV“ von Hyundai soll einen Verbrauch von 15,6 kWh auf 100 Kilometern und eine Reichweite von 440 Kilometern haben (hier und im Folgenden: kombinierter Wert nach WLTP-Messverfahren, Herstellerangaben). Einen Mercedes EQA 250 (2023, 190 PS, 2040–2110 kg) nutzt Sozialdezernentin Neese (SPD). Bei einem Verbrauch von 15,7 kWh/100 km soll das Modell mit einer Ladung 486 Kilometer weit kommen.
Der CO₂-Ausstoß von Elektroautos liegt nicht bei null, wie Hersteller angeben, sondern hängt davon ab, mit welchem Strom sie geladen werden. Treiben erneuerbare Energien oder fossile Brennstoffe das Auto an? Die DUH errechnet für ihr Ranking den „CO₂-Ausstoß im realen Fahrbetrieb“, indem sie den kWh-Verbrauch mit dem CO₂-Gehalt des deutschen Strommixes hochrechnet. Die beiden E-SUVs der Dezernentinnen Wagner und Neese schneiden unabhängig davon unter Öko-Gesichtspunkten zumindest etwas besser ab als die ebenfalls vollelektrischen Dienstwagen von OB Sören Link (SPD) und Stadtdirektor Martin Murrack (SPD; Finanzen, Beteiligungen, Digitalisierung, Feuerwehr) – weil deren Pkw viel schwerer sind.
DUH-Experte kritisiert Fahrzeugwahl des Oberbürgermeisters
Diese bringen jeweils etwa 2,5 Tonnen auf die Waage (ein VW Golf wiegt 1260 bis 1590 kg). Sören Link fährt einen Audi Q8 Advanced 55 e-tron quattro (2023), ein batterieelektrisch angetriebenes SUV der oberen Mittelklasse. Der 408 PS starke Audi soll auf 100 Kilometern 20,7 kWh verbrauchen (Reichweite 551 km). Link bekäme dafür von der DUH die Rote Karte – so wie im Check 2024 mehrere Landesminister für ihre Q8. Der Grund: Der reale CO₂-Ausstoß des Q8 liegt deutlich oberhalb des europäischen Flottengrenzwertes von 95 g CO2-/km.
„Nicht alle E-Autos sind automatisch klimafreundlich. Beim Q8 sind Gewicht, Größe und Leistung aus unserer Sicht völlig überdimensioniert“, kritisiert Jens Hürdler, Senior Expert Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH, die Fahrzeugwahl des Duisburger Oberbürgermeisters.
Der VW ID.Buzz (Reichweite: 412 km) von Kämmerer Murrack ist ähnlich schwer, hat aber nur 204 PS. Der Kleinbus verbraucht mit 21,1 kWh/100 km noch mehr Strom als der Q8. „Als reiner Dienstwagen für eine Person im öffentlichen Leben ist das schon ein sehr großes Fahrzeug“, ordnet Hürdler ein. Ein Stadtsprecher erklärt, Murrack fahre den Kleinbus vornehmlich dienstlich, nutze diesen als dreifacher Familienvater aber auch privat: „Wenn es dienstlich möglich ist, lässt Martin Murrack sein Fahrzeug am liebsten stehen und fährt mit dem Fahrrad zur Arbeit.“
Viel PS, aber kaum elektrische Reichweite
Noch kritischer steht die DUH Plug-in-Hybridantrieben gegenüber, wie sie die übrigen drei Beigeordnetenn fahren. Zu solchen Autos, deren Antrieb sowohl über einen Verbrennungsmotor als auch über eine Batterie und E-Motor gewährleistet werden kann, sagt Jens Hürdler: „Die ICCT-Studie 2022 hat gezeigt, dass Plug-in-Hybride als Dienstwagen vorwiegend mit leerer Batterie gefahren werden. In diesem Modus sind sie noch klimaschädlicher als Verbrenner, weil noch eine schwere Batterie mitfährt. Im Realbetrieb ist der Verbrauch also deutlich höher als in den idealisierten Hersteller-Angaben.“
So bringen die folgenden drei Dienstwagen alle etwa zwei Tonnen auf die Waage. Die geringste elektrische Reichweite hat mit 54 Kilometern der Mercedes Benz-Kombi E 300 DE (2021) des Beigeordneten Paul Bischof (CDU). Er leitet das Dezernat für Recht, Familie und Integration. Sein Dienstwagen (276 PS), ein Diesel-Hybrid, ist mit maximal 235 km/h der schnellste im Vergleich – gemeinsam mit dem französischen SUV Michael Rüschers. Der parteilose Beigeordnete für Wirtschaft, Integration, Sicherheit und Ordnung fährt einen DS 7 Opera E-Tense 300 (2023) mit 310 PS: Dieser käme allein mit Strom 67 Kilometer weit.
Die Volvo V60 Hybrid Kombilimousine des Beigeordneten Martin Linne (Stadtentwicklung, Mobilität, Sport) hat nach Angaben der Stadt ebenfalls über 300 PS und soll rein elektrisch 92 Kilometer weit kommen. Kombiniert man die elektrische mit der Hybrid-Strecke, wie es der ADAC für seinen Eco-Test getan hat, verbrauchte der V60 auf 100 Kilometern 7,6 kWh Strom und 4,7 Liter Super. „Damit verbunden ist eine CO₂-Bilanz von 172 Gramm pro Kilometer. Im ADAC Ecotest gibt es dafür nur 26 von 60 möglichen Punkten.“
Ex-Dezernent hätte Grüne Karte bekommen
Von der DUH bekämen die drei Plugin-Hybride wegen ihres CO₂-Ausstoßes vermutlich ebenfalls Rote Karten. Auch die Fahrbereitschaft der Stadt für die ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nutzt drei Hybrid-Wagen (BMW 530e) – noch: „Ab März 2025 werden nach sukzessiver Umstellung alle drei Fahrzeuge voll strombetrieben sein“, kündigt der Stadtsprecher an. 2020 nutzten Link, Murrack, Linne und der damalige Wirtschaftsdezernent Andree Hack (CDU) auch noch BMW-Hybride, Bischof und Thomas Krützberg (SPD) reine Verbrenner. Den einzigen vollelektrischen Dienstwagen fuhr der damalige Dezernent Ralf Krumpholz (Grüne): den Kleinwagen BMW i3 120 (1,3 Tonnen). Für den gäbe es von der DU noch heute eine Grüne Karte.
>> Behörden-Leasing: Das zahlt die Stadt Duisburg
- Wie funktioniert das Leasing der städtischen Dienstwagen? „Die Dezernate kümmern sich jeweils selbst darum, Angebote einzuholen“, erklärt ein Stadtsprecher. „Die Fahrzeuge werden über Leasing ohne Anzahlung und ohne Restwert finanziert. Für die Beschaffung gibt es Richtlinien, die auch einen preislichen Rahmen festlegen.“ Die Vertragslaufzeit liegt zwischen einem und drei Jahren.
- Nach welchen Kriterien werden die Dienstwagen ausgewählt? Der Sprecher antwortet: „Die Fahrzeuge des Verwaltungsvorstands und der Fahrbereitschaft erfüllen einen repräsentativen Zweck, gehören daher zur gehobenen Mittelklasse und haben im Sinne der Nachhaltigkeit einen umweltfreundlichen Antrieb. Daher wird bei den Dienstwagen sukzessive auf Fahrzeuge mit Elektroantrieb gesetzt.“
- Politiker, Bund, Länder und Kommunen erhalten von der Automobilindustrie meist deutlich günstigere Leasing-Konditionen als Normalkunden („Behörden-Leasing“). So hoch sind die monatlichen Leasingraten der Dienstwagen nach Angaben des Presseamtes (niedrigste Kosten zuerst):
- Wittmeier, kein Dienstwagen: 0 €
- Bischof, Mercedes E300: 468,18 €
- Link, Audi Q8: 649,56 €
- Fahrbereitschaft, 3 BMW 530e: je 765 €
- Wagner, Ioniq, 785,28 €
- Linne, Volvo: 795 €
- Murrack, ID.Buzz, 864 €
- Neese, Mercedes EQA: 972,50 €
- Rüscher, DS Opera: 1014,65 €