Berlin. Union und FDP wollen Bürgergeldempfänger zur Arbeit verpflichten und eine neue Grundsicherung einführen. Ein Verband warnt vor den Folgen.
Spitzenpolitiker von CDU und FDP haben sich für eine Jobpflicht für arbeitsfähige Bürgergeld-Empfänger ausgesprochen. Ursprünglich kam der Vorstoß von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Er hatte in der „Bild am Sonntag“ eine bundesweite Jobpflicht für arbeitsfähige Bürgergeldbeziehende gefordert. „Jeder, der in Deutschland Bürgergeld bezieht und arbeiten kann, muss arbeiten gehen. Ansonsten darf es keine Sozialleistungen mehr geben“, sagte er.
Die FDP unterstützt den Vorschlag. Die Empfänger sollten Arbeiten im öffentlichen Raum übernehmen, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer zur „Bild“-Zeitung von Mittwoch. „Die gemeinnützige Arbeitspflicht für erwerbsfähige Bürgergeld-Empfänger soll einen geregelten Alltag schaffen, bevor es zügig zurück in den Arbeitsmarkt geht.“
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Wer dazu in der Lage sei, könne etwa „zur Arbeit gegen die Verwahrlosung Berlins“ herangezogen werden. „Dazu zählen Reinigungs- und Hilfsarbeiten für Spielplätze, Parks oder auch Bahnhöfe“, sagte Meyer. Die Union hat darüber hinaus mehrfach angekündigt, das Bürgergeld abschaffen und durch eine neue Grundsicherung ersetzen zu wollen.
Arbeitszwang für Arme? Verband kritisiert Vorschlag zum Bürgergeld scharf
Der Paritätische Gesamtverband sieht die Pläne der Union allerdings kritisch. Das Bürgergeld nach der Bundestagswahl wieder abzuschaffen. „Das wäre ein Rückschritt für alle“, sagte Hauptgeschäftsführer Joachim Rock den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Mittwochsausgaben). Die Diskussion um Kürzungen beim Bürgergeld führt laut Rock zu der „bitteren Erkenntnis, dass wichtige Debatten undifferenziert und häufig faktenfrei geführt werden“. „Lebenslagen Benachteiligter und Zusammenhänge werden ausgeblendet, stattdessen werden Zerrbilder produziert“, fuhr Rock fort.
„Die vieltausendfache Arbeitsverweigerung, die in der politischen Debatte behauptet wurde, gibt es nicht“, sagte er weiter. Rock verweist darauf, dass es trotz Bürgergeld mehr Erwerbstätige als je zuvor in der Nachkriegszeit gebe.
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Bürgergeld abschaffen? Verband warnt vor gravierenden Folgen
Rock warnte vor den politischen Risiken großer Einsparungen im Sozialbereich, die nur zu Lasten von breiten Bevölkerungsgruppen erreicht werden könnten. „Es drohen erhebliche Leistungskürzungen für Rentnerinnen und Rentner, für Pflegedürftige und in der Krankenversicherung. Von so produzierter sozialer Unsicherheit und forcierten Verteilungskämpfen profitieren besonderes rechtsextreme Demokratieverächter“, sagte er.
Er verwies darauf, dass die Ausgaben für das Bürgergeld nur etwa vier Prozent der Sozialausgaben betrügen und sich die Ansprüche an der unteren Grenze des verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimums bewegten. Der Paritätische Gesamtverband befürchtet zudem, dass „massive Kürzungen bei sozialen Initiativen Netzwerke zerstören, in denen sich Menschen freiwillig engagieren und den Zusammenhalt stärken“. Das schwäche die Zivilgesellschaft, gab Rock an.
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lro/AFP