Berlin. Die Innenministerin will Schutztitel von Syrern überprüfen und Straftäter abschieben. Was entschlossen klingt, kann an der Praxis scheitern.

Fast eine Million Menschen aus Syrien leben in Deutschland. Und viele von ihnen feiern in diesen Tagen. Sie freuen sich über das Ende der Diktatur von Baschar al-Assad, der folterte und mordete. Mit dem Ende der Diktatur stellt sich aber auch die Frage: Wer darf bleiben? Wer muss zurück?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat einen Vier-Punkte-Plan präsentiert. Der Kern: Die Asylentscheidungen für Syrien werden überprüft, sobald klar ist, wie stabil die Lage in dem arabischen Staat ist. Wer keinen Schutz mehr braucht, muss gehen, so Faeser. Zugleich will sie freiwillige Rückkehr fördern, Islamisten und Straftäter abschieben – und zeitgleich Syrerinnen und Syrer dauerhaft in Deutschland behalten, die arbeiten, die Sprache sprechen und integriert sind.

Christian Unger
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Faesers Plan wirkt klug und ausgewogen. Er ist einerseits ein Signal an die rechte Flanke im Wahlkampf: Die SPD überlässt die harte Kante beim Thema Asyl nicht Union und AfD. Andererseits will sie die Willkommenskultur in der hitzigen Migrationsdebatte nicht verlieren.

Doch wer Pläne schmiedet, muss auch liefern. Das kann zu Faesers Problem werden. Es könnte Monate dauern, bis Auswärtiges Amt und Innenministerium einig sind über die Sicherheitslage in Syrien. Bis dahin ist Faeser womöglich nicht mehr im Amt. Auch Abschiebungen von Straftätern sind schnell gefordert – aber in der Praxis mit all den Hindernissen nur zäh umsetzbar. Das lernte Faeser im Fall Afghanistan schmerzhaft.

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Im Krisenmodus

Faeser signalisiert Entschlossenheit. Schlecht wäre es, wenn aus Ankündigungen wenig folgt. Migration ist zu sensibel für Symbolpolitik – das wäre auch unfair gegenüber den vielen Menschen aus Syrien, die in Deutschland eine neue Heimat gefunden haben.

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