Berlin. Der Deutsche Städtetag setzt nicht nur auf härtere Gesetze. Er fordert auch mehr Prävention, etwa Anti-Aggressionstrainings an Schulen.

Einen Polizisten in Berlin erwischte ein Silvester-Böller so stark, dass der Beamte noch in der Nacht operiert werden musste. Davon berichtet die Berliner Verwaltung an Neujahr. Es ist ein Fall, der wieder Anlass gibt zur Debatte über Gewalt in der Silvesternacht. In einzelnen Stadtteilen in mehreren deutschen Städten kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und vor allem jungen Männern. Beamte und Rettungskräfte sollen nach Angaben der Polizei angegriffen worden sein.

Es sind Meldungen, die nun, wie im Vorjahr, Debatten über den Umgang mit Gewalt an Silvester aufkommen lassen. Der Deutsche Städtetag fordert gegenüber unserer Redaktion gleich mehrere Maßnahmen, darunter ein Verbot von Schreckschusswaffen und Grenzkontrollen gegen die Einfuhr illegaler Böller wie etwa sogenannte Kugelbomben. „Der Staat darf nicht tolerieren, dass eine kleine gewaltbereite Minderheit mit erheblicher krimineller Energie rund um Silvester ganze Stadtteile terrorisiert“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages.

Vor allem Berlin ist immer wieder Schauplatz von Gewalt an Silvester. Dieses Jahr wurde eine Apotheke teils zerstört und geplündert.
Vor allem Berlin ist immer wieder Schauplatz von Gewalt an Silvester. Dieses Jahr wurde eine Apotheke teils zerstört und geplündert. © dpa | Joerg Carstensen

Bund und Länder müssten „möglichst schnell ein Maßnahmenpaket gegen Silvestergewalt auf den Weg bringen“. Dedy forderte, dass „Polizei und Rettungskräfte häufiger und gezielter Bodycams und Dashcams einsetzen können“. Dies könne Angreifer abschrecken und bei der Beweissicherung helfen.

Zudem spricht sich der Hauptgeschäftsführer für eine Ausweitung der Grenzkontrollen an Silvester aus. „Wenn der Bundespolizei bisher die Befugnis fehlt, um bei Grenzkontrollen auch nach illegalen Böllern zu suchen, muss sie diese Befugnis jetzt bekommen“, sagt Dedy. Die „extrem gefährlichen Kugelbomben“ seien heute schon für den privaten Gebrauch verboten. „Mit Grenzkontrollen muss schon die Einfuhr dieser und anderer illegaler Böller verhindert werden“, so Dedy.

Anti-Aggressionstrainings in Schulen, Quartiersmanagement in benachteiligten Gebieten

Der Städtetag fordert im Nachgang der Gewaltsituationen an Silvester, Schreckschusswaffen generell zu verbieten. „Sie machen unsere Städte nur unsicherer“, sagte Dedy. Städte bräuchten zudem „mehr Handlungsspielraum, wenn sie Böllern in der Öffentlichkeit eingrenzen wollen“. Dafür muss nach Ansicht des Städtetags die Sprengstoffverordnung geändert werden, damit die Verwaltungsbehörden in den Gemeinden privates Feuerwerk im öffentlichen Raum einfacher beschränken können.

Zwei illegale Feuerwerkskörper: eine Kugelbombe und ein Böller mit Totenkopf.
Zwei illegale Feuerwerkskörper: eine Kugelbombe und ein Böller mit Totenkopf. © dpa | Andreas Arnold

Dedy hob hervor, dass Verbote und Kontrollen allein nicht ausreichen würden, um Gewaltsituationen an Silvester vorzubeugen. Es brauche „ganzjährig präventive sozialpolitische Maßnahmen“, wie etwa Anti-Aggressionstrainings in Schulen, Quartiersmanagement in sozial benachteiligten Gebieten und die Förderung von Freiwilligendiensten und Jugendbildungs- und Begegnungsstätten vor Ort.

Erneut war es in der Silvesternacht in mehreren deutschen Städten zu Übergriffen gegen Polizeibeamte und Rettungskräfte gekommen. In Berlin wurden laut Senat etwa 30 Beamte verletzt. Oft im Zusammenhang mit Kugelbomben erlagen zudem fünf Menschen ihren Verletzungen.

Mittlerweile fordern mehrere Hunderttausend Menschen in einer Petition ein bundesweites Böllerverbot. Bis Freitagvormittag unterzeichneten knapp 300.000 Personen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fordert, wie im vergangenen Jahr, härtere Strafen für Gewalttäter. Ein generelles Böllerverbot lehnt Faeser ab.

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