Düsseldorf. Im Kampf gegen das Hauptschul-Sterben experimentiert NRW mit ungewöhnlichen Maßnahmen. Der FDP geht das nicht weit genug.

Ist die Schulform Hauptschule noch zu retten? Die NRW-Landesregierung versucht den Niedergang unter anderem mit Hauptschulbildungsgängen an den Realschulen zu stoppen und hofft auf die Wirkung des Startchancen-Programms. Die Liberalen werfen NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) vor, die Hauptschulen im Stich zu lassen.

Das Hauptschul-Sterben hat sich zuletzt abgeschwächt

Die Zahlen aus dem NRW-Schulministerium sprechen für sich: Vor sechs Jahren gab es in NRW noch 224 Hauptschulen, heute nur noch 159. Die Zahl der Hauptschüler sank in diesem Zeitraum von rund 63.000 auf etwa 48.000, die der Lehrkräfte von 6800 auf 6000. Allerdings hat sich der Rückgang zuletzt abgeschwächt. Ministerin Feller spricht von einer „Stabilisierung“. Es gebe aber auch Regionen, in denen die Kommunen als Schulträger keine Hauptschule mehr anbieten könnten.

Hauptschule innerhalb der Realschule - Ist das die Lösung?

Ein wesentlicher Teil des Rettungsprogramms für die Hauptschulen liegt kurioserweise in den Realschulen. Dort können heute schon auf Grundlage einer Übergangsregel ab der 7. Klasse Hauptschul-Bildungsgänge eingerichtet werden, falls es in der Nähe keine Hauptschule gibt. 17 Realschulen hätten das bisher getan, so ein Sprecher des Schulministeriums. Ab 2025 werde aus der Übergangsregel ein dauerhaftes Angebot, steht in einer Antwort der Landesregierung auf eine FDP-Anfrage zu den Hauptschulen. Ministerin Feller erklärte gegenüber dieser Redaktion, dass Realschulen sogar die Möglichkeit bekommen sollen, ab Klasse 5 nach Bildungsplänen der Hauptschule zu unterrichten.

Das Rettungspaket für die Hauptschulen enthält laut der Antwort, die dieser Redaktion vorab vorliegt, weitere Maßnahmen. So soll das Projekt „Alltagshelferinnen und Alltagshelfer an Grund- und Förderschulen“ auf die 5. und 6. Klassen an Haupt- und Realschulen ausgeweitet werden. Im kommenden Schuljahr sollen weitere Hauptschulen vom Startchancen-Programm profitieren. Derzeit sind es landesweit 46. Das Startchancenprogramm des Bundes und des Landes NRW ermöglicht Schulen, in denen besonders viele benachteiligte Kinder unterrichtet werden, eine besondere Förderung.

Ministerin Feller lobt das große Engagement der Hauptschullehrkräfte und verspricht eine Stärkung dieser Schulform.

FDP-Politikerin Müller-Rech: „NRW lässt die Hauptschulen im Stich“

Franziska Müller-Rech, Bildungsexpertin der FDP-Landtagsfraktion, hält die Initiative der Landesregierung für halbherzig. „Sie macht große Versprechungen, bleibt aber bei der Umsetzung hinter den Erwartungen zurück“, sagte sie dieser Redaktion. Die Maßnahmen zur Rettung der Hauptschulen zielten wohl „mehr auf PR als auf konkrete Unterstützung im Schulalltag“.

Der Einsatz von Alltagshelfern oder eine Einbindung ins Bundesprogramm ‚Startchancen‘ reiche bei Weitem nicht. Es fehlt an klaren, langfristigen Konzepten und echter Entlastung für Lehrkräfte und Schulleitungen“, erklärt Müller-Rech gegenüber der WAZ.

Die Integration von Hauptschulbildungsgängen an Realschulen signalisiere sogar einen „Rückzug“ der Landesregierung. „Anstatt die Hauptschulen zu stärken und ihre Attraktivität zu fördern, setzt die Landesregierung nur auf Flickschusterei bei Schulschließungen“, so die Liberale. Hauptschulen benötigten mehr Personal, eine bessere Ausstattung und müssten die Kinder besser auf eine Berufsausbildung vorbereiten können.

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