Berlin. Oder bricht sie erst recht? Am Tag nach der US-Wahl sind die Augen auf die FDP gerichtet. Sprengt Lindner heute die Bundesregierung?

Die Wiederwahl von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl trifft Deutschland inmitten einer Regierungskrise: Die Spitzen der Ampel-Koalition kommen am Mittwochabend zu einer Krisenrunde im Kanzleramt zusammen. Es geht darum, eine Einigung auf den Haushalt für das kommende Jahr und ein Programm zur Stärkung der Wirtschaft zu finden. Doch die Positionen lagen zuletzt weit auseinander – ein Bruch der Koalition ist nicht ausgeschlossen.

Schweißt Trumps Wahlerfolg die Koalition noch einmal zusammen? SPD-Chef Lars Klingbeil warnte die Koalitionäre vor einem Bruch. Wenn nicht für alle in politischer Verantwortung dieses Wahlergebnis ein „Weckruf“ sei „und wenn man nicht heute Abend die Kraft hat, im Koalitionsausschuss sich in die Augen zu gucken und zu sagen, wir tragen jetzt Verantwortung“, dann „weiß ich ehrlicherweise auch nicht mehr“, sagte Klingbeil.

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„Das ist die Erwartung, die ich habe, dass alle begreifen, was dieses Wahlergebnis bedeutet“, fügte der SPD-Politiker hinzu. „Deutschland muss jetzt vorangehen. Dafür brauchen wir eine handlungsfähige, eine stabile Regierung.“ Die Worte sind als Ermahnung an die FDP zu verstehen, die sich zuletzt nicht klar zu einem Verbleib in der Koalition bekennen wollte.

FDP-Fraktionsvize Meyer sieht sich durch Trump-Sieg bestärkt

Die FDP fordert von SPD und Grünen eine „Wirtschaftswende“ mit Forderungen, die für die Koalitionspartner zum Teil nicht akzeptabel sind. Vor dem Krisentreffen am Abend ist unklar, inwiefern die FDP die Erfüllung ihrer Forderungen zur Bedingung macht, um in der Koalition zu bleiben.

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Durch die Ereignisse in den USA sieht sich die Partei von Finanzminister Christian Lindner aber offenbar in ihrer Position bestärkt. Trumps Wahl sei ein „Weckruf“ für SPD und Grüne, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christoph Meyer, auf X. Es brauche nun eine funktionierende Wirtschaft und eine handlungsfähige Regierung mit klarer Richtung. Das Angebot seiner Partei zur Richtungsentscheidung liege auf dem Tisch. Finanzminister Lindner selbst schrieb in einem Post auf X (ehemals Twitter), in der EU, der NATO und auch in Berlin müsse man jetzt „dringlicher denn je unsere wirtschafts- und sicherheitspolitischen Hausaufgaben erledigen“.

Die Grünen hatten schon in den vergangenen Tagen mehrmals darauf hingewiesen, dass die weltpolitische Lage aus ihrer Sicht zu ernst ist, um die Bundesrepublik durch ein vorzeitiges Aus der Koalition vorerst handlungsunfähig zu machen. Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, sah diese Analyse mit dem Ausgang der US-Wahl bestätigt. Sie betonte die Verantwortung, die die Regierungsparteien jetzt hätten. Mit dem Sieg von Trump sei die Bundesrepublik als Stabilitätsanker in Europa noch einmal mehr gefordert, eine stabile Regierung zu gewährleisten.

„Europa muss nun noch viel stärker als bisher als eigenständiger Akteur Verantwortung übernehmen, um Frieden, Demokratie und Klimaschutz weltweit zu sichern“, sagte sie. „Dazu gehört auch, stärker in unsere Sicherheit zu investieren und weiterhin unverbrüchlich an der Seite der Ukraine zu stehen.“

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Der scheidende Grünen-Chef Omid Nouripour stellte am Mittwochmorgen bei einer Veranstaltung der Atlantik-Brücke auf Nachfrage klar, dass aus Sicht der Grünen an einem solchen Tag nicht die Bundesregierung auch noch auseinandergehen könne. Man werde sich am Abend vertieft mit den Wahlergebnissen in den USA beschäftigten, sagte Nouripour.